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ME AND MY DRUMMER – Love is a fridge

Das neue Album von ME AND MY DRUMMER und meine ersten Assoziationen:
Synthesizer. Viel Synthesizer! Achtziger. Tanzbar. Kaleidoskopartig.
Nee, stop! Das letzte ist nicht von mir; das habe ich aus der Labelankündigung für die Band aufgeschnappt. Und geklaut. Denn nichts passt so gut zu diesem Album, wie die Vorstellung eines sich in Formen und Farben immer wieder neu zusammensetzenden Bildes – abstrakt und überraschend, je nachdem welche Bestandteile gerade durch die Kaleidoskoplinse aufgespalten werden, schillernd und unfassbar bunt.
ME AND MY DRUMMER haben sich laut Labeltext „neu erfunden“, mit dem Produzenten Olaf Opal, der auch schon THE NOTWIST produziert hat, was zum elektronischen Ersteindruck des Albums passt.
In Farben ausgedrückt verhalten sich das erste Album („The hawk, the beak, the prey“) der Band und „Love is a fridge“ im Vergleich ungefähr so zueinander wie eine monochrome Fotografie und ein Farbfoto – das dunkle, in warmen Erdtönen auskomponierte Bild verliert in der Farbausgabe vielleicht etwas an Kontrast und Tiefenschärfe; dafür liefert das neue eine Art musikalische Farbexplosion, die einen zunächst einfach wegfegt und erst nach mehrmaligem Hören wieder etwas erkennen lässt, wie Sonnenflecken auf den Augen.
Bunter und insgesamt lebendiger, fröhlicher, leichter wirkt die neue Musik von Charlotte Brandi und Matze Pröllochs, was eben vor allem an dem neuen Klangfarbenreichtum liegt, der sich hier eröffnet: Synthesizer vom sonoren Bass („Pentonville Road“) bis zum glitzernden Sternenstaub („Nuts“), satte Streicher („Grown up shape“), der altbekannte Orgelklang, aber auch an Sixties-Soul erinnernde Gitarrenklänge – jeder Song schließt eine neue Soundwelt auf; selten nur wehen einen vertraute Klänge an.
Sinnfällig gruppiert sich dabei alles um die beiden „Earcatcher“ und Singleauskopplungen: „Blue splinter view“ und „Pentonville Road“ knüpfen von ihrer klassischen, stringenten Songstruktur am ehesten an die erste Platte an. Hier fühlt sich der ME AND MY DRUMMER-Kenner der ersten Stunde wieder aufgehoben: „Blue splinter view“ vereint warme, nach Sixties klingende E-Gitarre und satte Streicherklänge im Hintergrund mit scheppernden Becken und ruppigen Schrammelakkorden auf der Gitarre im Refrain, Garage Rock-ähnlich, aber melodiös, zum Wohlfühlen.
Manche, eher collagenhaft angelegte Songs („Tie me bananas“) wirken dagegen zum Teil etwas strukturlos und um sich selbst kreisend, zeigen jedoch auch eine verspielte, experimentelle Seite der Band, die sich aufgedreht und tanzbar gibt.
Über allem, was da im Hintergrund passiert, schwebt und leuchtet geradezu Charlotte Brandis Stimme, die sich mal flexibel, fast zerbrechlich und silbrig glänzend anschmiegt, dann wieder stark, dunkel und voller Energie nach vorne stürmt und die Richtung vorgibt – beide Pole werden fast in jedem Song ausgelotet, verbunden immer mit einem energischen, unbedingten Ausdruckswillen. Das klingt manchmal nach Sixties-Soul und manchmal nach Jazz („Grown up shape“) und manchmal wie Feengesang. Das ist zusammen mit Matze Pröllochs groovendem, gut abgemischtem Schlagzeug große Kunst.

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