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BROILERS – Noir

Die BROILERS kann man wohl ohne Übertreibung als eines der beachtenswertesten deutschen (Punk)Rock-Phänomene der letzten Jahre bezeichnen. Fristeten sie die ersten zehn Jahre ihres Daseins als relativ unbeachtete Oi!-/Streetpunk-Kapelle, so öffneten sie sich mit ihrem "Vanitas"-Album plötzlich neuen Einflüssen und generierten in der Folgezeit zunehmend neue Hörerschichten. Der endgültige Durchbruch gelang dann mit dem Nachfolger "Santa Muerte": Das Album landete auf Anhieb auf Platz 3 der deutschen Albumcharts, und die Düsseldorfer sorgten seitdem in schöner Regelmäßigkeit für ausverkaufte Konzerthallen. Entsprechend hoch dürfte also die Messlatte für den Nachfolger liegen. Allein schon die Tatsache, dass die auf immerhin stolze 5.000 Exemplare limitierte Vinyl-Auflage von "Noir" durch die getätigten Vorbestellungen bereits vor der Veröffentlichung weitestgehend ausverkauft war, zeigt deutlich, in welchen Dimensionen sich die BROILERS mittlerweile bewegen. Doch um es gleich vorweg zu nehmen: Der Spagat zwischen Massenkompatiblität und Wurzelbesinnung gelingt auf dem neuen Album nur bedingt. Sicher, mit Hymnen wie "Ist da jemand?", "Die Hoffnung stirbt nie" oder "Nanana (ich krieg das hin)" werden die BROILERS auch weiterhin diejenigen ansprechen, die bereits die beiden Vorgängeralben zu schätzen wussten. Doch andererseits befindet sich auf "Noir" auch ein ganzer Haufen Lieder, der den einen oder anderen bisherigen Fan aufgrund seiner Harmlosigkeit arg verschrecken dürften. Damit meine ich noch nicht mal den Track "Wo bist Du (Du fehlst)", bei dem Sänger Sammy ausschließlich von der Akustikgitarre begleitet wird, sondern vor allem Stücke wie "Ich hol dich da raus", "Ich brenn", "Die Letzten (an der Bar)" oder "Das da oben (nur in dir)", die selbst für die ganz große Stadion-Bühne zu handzahm wirken. Derartige Ausreißer gab es zwar vereinzelt auch auf dem "Santa Muerte"-Album zu hören, doch während damals noch eine gewisse charmante Unbekümmertheit mitschwang, muss man sich mittlerweile ernsthaft fragen, was die BROILERS in solchen Momenten tatsächlich noch vom Hausfrauen-Rock der PETER MAFFAY-Liga unterscheidet. Genau hier liegt aus meiner Sicht das Problem: Auf "Noir" überwiegen inzwischen die Lieder, in denen man den Punkrock-Ursprung der Band nicht einmal mehr mit viel Phantasie erahnen kann. Und so würde es mich letztendlich nicht wundern, wenn der eine oder andere altgediente BROILERS-Fan den nun eingeschlagenen Weg nicht mehr mitgehen möchte.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.