Unglaublich, welchen musikalischen Werdegang diese Band aus Leeds innerhalb von zwölf Jahren Bandgeschichte hingelegt hat. Aufmerksam geworden auf VESSELS bin ich eher zufällig, als mir ihr zweites Album „Helioscope“ in einem Second Hand-Plattenladen in die Hände fiel, das wegen des besonderen Designs auf mich wirkte. Zu sehen war ein Artwork des Londoner Illustrators Luke Drozd das eine überdimensionierte Hand (Gottes?) zeigt, die mit einem Brennglas eine Stadt anzündet. Entklappte man das Digipak, konnte man sehen, wie die Stadtbewohner mit riesigen Teleskopen zeitgleich das Weltall erforschten und somit indirekt an einer Widerlegung der Schöpfungsgeschichte arbeiteten.
Drei Jahre zuvor hatten VESSELS ihr Debütalbum mit dem Titel „White fields and open devices“ veröffentlicht, das sich zwischen instrumentalem Post-Rock und anspruchsvollem Math Rock einordnen ließ, nicht ganz unähnlich zu Bands wie TOE und THE REDNECK MANIFESTO.
Doch auf „Helioscope“ war bereits zu erkennen, dass Stillstand nicht das Ding der fünf Briten ist. Vermehrt suchte und fand man poppige Parts, setzte vermehrt Keyboards und Synthies ein, und vor allem die ruhigen Momente wurden sehr detailliert ausgearbeitet. Zu diesem Zeitpunkt kamen einem Bands wie MINUS THE BEAR in den Sinn, jedoch war noch nicht zu erkennen, wie groß die musikalische Weiterentwicklung zu ihrem dritten Album „Dilate“ sein würde.
„Dilate“ machte einen riesigen Schritt in Richtung Dancefloor, und die Stile Math Rock und Post-Rock wurden zu den Akten gelegt. Stattdessen wechselten die Bandmitglieder nun verstärkt an die Synthies und waren musikalisch nicht mehr allzu weit entfernt von MODESELEKTOR.
Umso spannender die Frage, wie es auf Album Nummer vier weitergeht. Doch die Antwort fällt eher ernüchternd aus. VESSELS sind mittlerweile endgültig in der Club-Szene angekommen, ihr Album „The great distraction“ könnte genauso gut als Playlist im Berghain zu später Stunde laufen oder dem Film „Victoria“ als Soundtrack dienen. Daran ändert auch nichts die namhafte Gästeliste mit Musikern von THE FLAMING LIPS, DJANGO DJANGO und THE CZARS.
Dies alles bitte nicht falsch verstehen: VESSELS setzen auch den jetzigen Status Quo in letzter Perfektion um. Und dass sie dies zu einem großen Teil noch immer mit klassischen Instrumenten und analogen Synthies bewerkstelligen, verdient großen Respekt. Nur ist zum einen die musikalische Weiterentwicklung von „Dilate“ zu „The great distraction“ nicht mehr so groß wie zwischen den vorherigen Alben, und zudem beleuchten sie nun eine Stilrichtung, die mich persönlich nicht mehr allzu sehr interessiert. Schade, eigentlich.