Pro: Ganze drei Jahre hat es gedauert, bis die Wuppertaler THREE MINUTE POETRY ein neues Album veröffentlichen. Der Vorgänger „Slowly learning that love is ok“ kam auf Defiance Records raus, das neueste Output via Eat the beat Records. So, Label gewechselt, aber auch den Sound??? Nun ja, so kann man das nicht wirklich sagen. Schon immer hat man sich auf Melodien und rockende Parts konzentriert. Aber so einfach ist es dieses Mal nicht. Die drei Jahre Pause hört man deutlich raus, die Band hat sich wirklich Zeit gelassen, aber davon war kein Tag und keine Probe zu viel oder zu wenig! Ging es früher noch relativ straight voran, so zeigt man sich jetzt weitaus verspielter. Die instrumentale Untermalung ist erstklassig und weist auf viel Zeit im Proberaum hin. Mal hier ein Stopp, ein plötzlicher Tempowechsel – mit viel Liebe zum Detail bauen THREE MINUTE POETRY ihre Songs auf und wollen nicht in den Einheitsbrei passen, was sonst immer unter dem Namen „Emo“ bezeichnet wird. Heute ist doch sowieso alles emo… Aber die stilistische Vielseitigkeit lässt daran erinnern, als man das Wörtchen „Emo“ noch aussprechen konnte, ohne darüber nachdenken zu müssen, ob man die Schublade doch verfehlt hat. Denn nicht nur einmal wurde ich an BRAID, alte GET UP KIDS oder die göttlichen MOCK ORANGE erinnert. Die melancholisch angehauchte Atmosphäre verleiht „We´re gonna need a bigger boat“ einen eigenen Sound – THREE MINUTE POETRY haben sich von dem 08/15-Sound abgewandt und den Trend hinter sich gelassen. Oder einen neuen kreiert? Ehrlichen Emo? Keine Ahnung, jedenfalls hat mich schon lange keine deutsche Platte mehr so begeistern können.
Die Menschen, die BRAID vermissen und den alten GET UP KIDS-Platten hinterher trauern, sollten zugreifen! Die anderen sowieso! (8,5)
(jg) Contra: Auch mich haben THREE MINUTE POETRY einst begeistert. Aber das liegt schon mehr als vier Jahre zurück, als sie als Support für JIMMY EAT WORLD das Bochumer Blackout wirklich in Grund und Boden rockten. Besagter Auftritt verschaffte ihnen auch den Deal bei Defiance Records. Das Debüt, das ein Jahr später folgte, war für die damalige Zeit zwar nicht mehr wegweisend, aber wusste durchaus noch zu gefallen. Danach ist es ein wenig ruhig geworden um die vier Wuppertaler. Man sah sie zwar hin und wieder noch in einigen Clubs, oder Sänger Michael mit seinem Solo-Projekt, aber vom Hocker hauten mich ihre Aktivitäten zuletzt irgendwie nicht mehr so recht. Und nun legen sie auf Eat the beat mit „We’re gonna need a bigger boat“ also ihren Nachfolger vor. Was sich live bereits andeutete, merkt man nun auch dem Album an. Nicht schlecht, nicht gut, sondern einfach nur mittel. Zwar tauchen immer wieder ein paar Parts auf, die man so noch nicht gehört hat, aber innovativ nennt sich heute was anderes. Zudem scheint die Produktion insgesamt ein wenig dünn. Was den deutschen Nachwuchs angeht, höre ich mir da doch lieber PALE oder ONE MAN AND HIS DROID an. (5)