Seien wir ehrlich: Das RANTANPLAN-Debüt „Kein Schulterklopfen gegen den Trend“ hat damals so ziemlich jeden geflasht, der mit deutscher Punk- und/oder Ska-Musik auch nur ansatzweise etwas anfangen konnte und die Band hat mit der Scheibe im Nachhinein betrachtet für so etwas wie den deutschen Skapunk-Urknall gesorgt. Zwar gab es hierzulande zuvor schon andere Bands, die versucht haben, zackige Offbeats mit offensiven Punkbrettern zu kreuzen, doch die Eigenständigkeit, die Energie und der textliche Tiefgang, den die Hamburger an den Tag legten, war völlig neu und ist bis heute wohl unerreicht geblieben. Auf dem Nachfolger „Köpfer“ konnten sie ihren Stil sogar noch perfektionieren und klangen ein wenig runder und professioneller als zuvor, ohne dabei jedoch die Grenze zur Massenkompatibilität zu überschreiten. Doch dann verließ Sänger Markus Wiebusch, der mit seiner Stimme und seinen Texten maßgeblich den Charakter von RANTANPLAN mitgeprägt hat, die Band und es begann mit dem nun alleinigen Sänger und Texter Torben Möller-Meissner eine neue Ära in der Bandgeschichte, in der die Hamburger leider nicht mehr an ihre zuvor veröffentlichten Meilensteine anknüpfen konnten. Es schien geradezu so, als sei der Band mit dem Weggang ihres charismatischen zweiten Frontmanns nicht nur der kraftvolle Sound, sondern auch das Gen zum Hitschreiben abhanden gekommen.
Das folgende Album „Samba“ sowie die im Jahr darauf erschienene EP „Thresenthesen“ hatten zwar immer noch einige gute Songs auf Lager, konnten aber nicht auf voller Länge überzeugen. Torbens zum Teil recht eigenwilligen Texte trafen nicht immer den Nerv der alten Fans, und neben einigen zweifellos gelungenen Liedern („Schweinesand“ beispielsweise gehört für mich bis heute zu den besten RANTANPLAN-Songs überhaupt) überwogen einfallslose, qualitativ eher durchschnittliche Stücke. Spätestens mit dem 2004 erschienenen Album „Junger Mann zum Mitreisen gesucht“, das ebenso wie sein schlicht mit der Postleitzahl von St. Pauli betitelter Nachfolger „20359“ für RANTANPLAN-Verhältnisse ungewohnt rockig klingt und scheinbar versucht, mangelnde Inspiration durch bratende Gitarren zu kompensieren, war die einstige Vorzeigeband aus meiner Sicht in der Mittelmäßigkeit angekommen, obwohl sie es live nach wie vor verstand, die Konzertsäle zum Kochen zu bringen.
Seit der letzten Studioveröffentlichung sind nun drei Jahre vergangen, und es scheint so, als hätte die Band wieder einigermaßen zurück in die Spur gefunden. Zwar gibt es auf „Unleashed“ immer noch einiges Seltsames und Gewöhnungsbedürftiges zu hören, wie etwa das offenbar vom RAMONES-Klassiker „Tennage lobotomy“ inspirierte Stück „Gewalt & Geld“, die bereits vom aktuellen Punk-Chartbusters-Sampler bekannte RHEINGOLD-Coverversion „Fan Fan Fantastisch“ oder das scheinbar sinnbefreite Stück „Wahre Skinheads fahren Rad“. Doch daneben ragen immer wieder Stücke wie „Grablied der Republik“, „Tu es“ oder „Comandante“ heraus, in denen RANTANPLAN offensichtlich ihre alten Stärken wiederentdeckt haben: Energievolle Skapunk-Songs mit griffigen Gitarrenriffs, schroffen Bläsersätzen und dieser gewissen Portion Hektik, die die Hamburger selbst einst an den großartigen OPERATION IVY bewundert haben. Zudem befinden sich auf „Unleashed“ auch einige sehr tanzbare Songs wie beispielsweise „Mensch ärgere Dich nicht“ oder „Brief Coda (Dirty Word damals)“, die zwar ein Stück poppiger ausfallen, aber dafür im Gegensatz zu vielen Liedern ihrer letzten Veröffentlichungen über ein enormes Ohrwurmpotential verfügen.
RANTANPLAN schaffen es folglich mit ihrem neuesten Werk, qualitativ zumindest streckenweise an ihre ersten beiden Platten anzuknöpfen und schicken sich an, die Spitzenreiterposition in der deutschen Skapunk-Liga zurückzuerobern. Vielleicht war es nur eine zufällige Entscheidung, dass für das Coverartwork (wie bereits bei den Alben „Kein Schulterklopfen gegen den Trend“ und „Köpfer“) wieder die Comiczeichnerin Isabel Kreitz beauftragt wurde. Doch andererseits könnte dies ebenso ein weiteres Indiz dafür sein, dass RANTANPLAN zu der Erkenntnis gekommen sind, dass ein Schritt zurück manchmal auch ein Schritt nach vorn sein kann.