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NOEL GALLAGHER’S HIGH FLYING BIRDS – s/t

Wäre dies das Debüt eines schüchternern, bescheidenen jungen Mannes, der NME hätte einen neuen Hype ausgerufen und um solche wimmernden Elektrofuzis wie JAMES BLAKE & Co. wäre es geschehen. Aber bei NOEL GALLAGHER´S HIGH FLYING BIRDS handelt es sich halt „nur“ um die eine Hälfte des Proll-Duos, das uns unter dem Namen OASIS viele gute und auch einige weniger gute musikalische Momente und viel, viel Gossip beschert hat. Und einer ganzen Reihe von Musikern, die bei den Aufnahmen mal reingeschaut und ein paar Tracks hinterlassen haben. Nach dem Split der Britpop-Legende durfte man durchaus gespannt sein, was die Herren Gallagher und Gallagher ohne ihren jeweiligen Ying/Yang oder Jackyll/Hyde, zustande bringen würden. Nachdem Liam mit BEADY EYE ein durchaus solides Album ganz im Stile sehr früher OASIS-Aufnahmen ablieferte, auf dem sich der alte Sack Rock’n’Roll gepflegt an die Verstärker fläzt, überrascht Noel auf seinem Solo-Debüt vor allem durch seine Entspannt- und Bescheidenheit. Hier gibt es keine große Geste, kein Getöse und das tut richtig gut. Am Songwriting hat sich nämlich eigentlich gar nicht viel geändert. Es ist der Vibe, der die zehn Songs vom OASIS-Schaffen abhebt. Zwar fährt Noel gefühlt hundert Instrumente, darunter Bläser, Streicher, Keyboards, Piano, singende Säge, Banjo, Kontrabass, singende Gläser, Pedal Steel Guitar und ganze Chöre auf, und doch bleibt das Klangbild auffallend aufgeräumt, klar und nie überfrachtet. Alles fügt sich den meist getragenen und im Tempo eher bedächtigen Songs unter. Das hat viel vom Geiste der 60er (BEATLES, KINKS) und der Grandezza von THE VERVE und ist mit Abstand die bessere Version der guten Momente aus dem Soloschaffen von RICHARD ASHCROFT. Immer wieder überraschen die Songs mit interessanten Arrangements und einer entspannten Leichtigkeit. Auch der gelegentliche Psycho-Touch steht den Songs sehr gut. Nimmt man diese Arrangements mal beiseite, stellt man gelegentlich natürlich Parallelen zu seinem bisherigen Schaffen fest. So klingen „Dream on“, „The death of you and me“ und „Soldier boy and Jesus freak“ durchaus verwandt mit einigen OASIS-Songs, von denen nur „The importance of being idle“ und „A.k.a…..broken arrow“, das klar den Vibe von „Wonderwall“ aufgreift, exemplarisch genannt werden. Trotzdem hat man nie das Gefühl, dass hier Bewährtes neu aufgebrüht wird. Und wenn hier überhaupt einer der beiden amüsanten Prolls klaut, dann Noel bei sich selbst. Die einzige leichte Spur von Schärfe liefert der gute Noel im marschierenden „(Stranded on) the wrong beach“. Wenn man dem Album denn überhaupt eines vorwerfen kann, dann, dass es gerne den einen oder anderen Song mehr von diesem Kaliber auf ihm hätte geben können. Stattdessen gibt es das knackige „The good rebel“ nur als Beigabe auf der „The death of you and me“-Single.
Fazit: NOEL GALLAGHER´S HIGH FLYING BIRDS bieten durchgehend gute, frisch klingende Songs, die endlich alle rechtzeitig ein stimmiges Ende finden und nicht endlos ausgewalzt werden. Noel macht als Sänger eine bessere Figur als man vorher erwarten konnte, und das Genöhle von Liam vermisst man gar nicht, weil es bei BEADY EYE bestens aufgehoben ist. Für OASIS-Fans ist das alles wie Weihnachten und Ostern auf einmal, denn die Schnittmenge beider Alben ist sehr gering, der Mehrwert umso größer. Noch ein abschließendes Wort zum Schlusssong „Stop the clocks“, der schon seit Jahren als das große Ding durch die OASIS-Welt geistert: Der große Wurf, so in der Art wie ein zweite „Champagne supernova“, ist er nicht. Er wirkt sogar etwas isoliert unter den anderen Songs. Aber so ist eine alte Legende denn auch endlich mal abgehakt.