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NICK & JUNE – Von Haldern nach Glastonbury

Fast schon Sommer vor dem Grünen Jäger. Man kann sich also gemütlich vor den Laden setzen, ein Feierabendbier trinken und auf eine SMS von NICK & JUNE warten, wann denn nun das Interview starten kann. Nachdem so manch ein Fußballfan nervös an uns vorbei getaumelt ist, treffen wir uns mit den Nürnbergern im Obergeschoss des Grünen Jägers zum Plausch. Das folgende Konzert war, trotz weniger Zuschauer, einfach nur großartig. Doch zunächst gab es ja was zu besprechen:

[F] Ihr seid ja erst vergleichsweise kurz gemeinsam unterwegs, richtig?
[A] Nick: Richtig. 2011 fing es so langsam an, dass ich dieses Projekt entwickelt habe. Zusammen als Duo sind wir seit ziemlich genau zwei Jahren. Da haben wir dann auch die ersten Auftritte gespielt.

[F] Wie schafft man es dann, den eigenen Bekanntheitsgrad zu erhöhen, ohne potente Plattenfirma im Rücken?
[A] Nick: Ob wir das schaffen, sei mal dahin gestellt. Von Anfang an viel live spielen, natürlich. Wir haben direkt versucht, deutschlandweit zu spielen, ein bisschen auch in Österreich und der Schweiz. Das ist heutzutage wohl der beste Weg, wirklich an die Leute ranzukommen. Auch und gerade mit unserer Musik. Zudem ist das der Weg, wo auch was bei rumkommen muss, damit man alles ein bisschen gegenfinanzieren kann. Im Internet, bei Facebook oder Youtube, da musst du dann schon einen richtigen Hype loslösen, um den Erfolg mitzunehmen. Nur lässt sich dieser Hype nicht planen.

[F] Wo du es schon ansprichst: wie intensiv nutzt ihr die Möglichkeiten von Social Media?
[A] June: Wahrscheinlich nicht so viel wie andere Bands. Wir kennen uns da auch beide nicht so gut aus. Wenn wir ein Foto mit dem Smartphone machen, dann überlegen wir jedes Mal, wie das noch ging mit dem Teilen. Wie verlinkt man da Leute? Keine Ahnung. Wir sind da auch ziemlich faul, ehrlich gesagt.
Nick: In den ersten zehn Monaten haben wir praktisch gar nichts gepostet. Ein Foto war online und ab und zu haben wir die Konzerttermine reingeschrieben. Das hat sich schon gebessert.

[F] Ihr schafft es, mit vergleichsweise dezenten Mitteln eine Atmosphäre zu erzeugen, die manch anderen nicht mal mit großem Geschütz gelingt. Was ist dafür alles notwendig?
[A] Nick: Das Wichtigste dabei ist definitiv das Songwriting. Melodie, Harmonie, Texte. So, dass ein Song im Idealfall auch, wie du sagst, ganz reduziert funktioniert. Der muss schon gut sein, wenn ich auf der Gitarre einfach ein bisschen vor mich hin klimpere. Er darf nicht erst durch Beiwerk gut werden. Wenn die Atmosphäre und die Ästhetik stimmen, dann kann man sich auch instrumentell ausleben. Das versuchen wir auch live.

[F] Wie habt ihr euch kennen gelernt und wann wusstet ihr, dass ihr als Duo weitermachen wollt?
[A] June: Wir haben uns total profan auf einer Party kennengelernt. Wir kennen uns schon deutlich länger, als wir Musik zusammen machen. Damals hatte allerdings jeder noch sein eigenes Projekt. Dann hat mich Nick später gefragt, ob ich nicht bei ein paar Konzerten mal im Background mitsingen möchte. Ich hatte sowieso immer automatisch die zweite Stimme dazu gesungen, wenn er Gitarre gespielt hat, wie man das so macht als nerviger Freund. Das fanden wir dann gut und haben festgestellt, dass es auch viel schöner ist, zu zweit unterwegs zu sein. Auch die Leute finden es zu zweit besser. Daraufhin habe ich dann meine Band verlassen, die ohnehin dabei war, auszuklingen.

[F] Wie steht ihr zu den ständigen Vergleichen, die zwischen euch und ANGUS & JULIA STONEe gezogen werden?
[A] June: [lacht] Das ist auf jeden Fall nicht schlecht. Eher ein Kompliment. Wir hören sie auch gerne, aber es ist nicht unser größter Einfluss.
Nick: Es ist natürlich naheliegend. Männlein, Weiblein, zwei Stimmen, reduziert, akustisch und teilweise melancholisch. Dennoch finde ich, dass wir anders sind. Wir vermitteln eine andere Stimmung und eine andere Ästhetik. Aber du brauchst natürlich, wenn du was schreibst, auch eine Referenz. Das kann ich schon nachvollziehen.
June: Also, nerven tut es uns nicht.

[F] Was macht das Tourleben (ihr seid ja doch recht viel unterwegs) interessant und was vermisst ihr, wenn ihr auf Tour seid?
[A] June: Es ist super interessant. Ich bin vorher lange nicht so viel rumgekommen. Manchmal vermisst man ein bisschen die Hygiene. Aber zu 99% ist es total super, wie und wo man untergebracht ist. Oft ja auch privat. Nur ganz selten ist mal so ein Jackpot dabei, wo man denkt: bloß weg hier!
Nick: Auf dem Niveau, wie wir gerade touren, ist es natürlich selten luxuriös. Wir sind mit einem PKW unterwegs, wo wir wirklich alles drin haben. Positiv sind natürlich die vielen Bekanntschaften, die man auf Tour schließen kann.
June: Es ist ein bisschen wie Couchsurfing.

[F] Ihr habt ein Wohnzimmer-Konzert mit euch für einen guten Zweck versteigert. Wie kommt man auf so was?
[A] June: Das war total witzig. Der Gewinner hatte zwei Tage später Geburtstag und hat uns richtig angebettelt, dass wir das Konzert doch bitte noch zu seinem Geburtstag spielen. Kurz vor Weihnachten. Zum Glück war das auch ganz in der Nähe.
Nick: Und das Essen war super.

[F] Speaking of Wohnzimmer-Konzerte… was fasziniert euch an Konzerten mit vergleichsweise vielen Zuschauern und was zeichnet die kleinen Veranstaltungen aus? Was mögt ihr lieber?
[A] June: Es ist schöner, wenn 20 Leute da sind, die wirklich Lust auf unsere Musik haben. Wir spielen oft in Pubs, und da sind dann 200 Leute, die sich aber auch unterhalten. Aber auf großen Konzerten, wo die Zuschauer dann wirklich unseretwegen kommen, ist es natürlich auch toll.
Nick: Wir als kleine Band haben im Schnitt so etwa 40 Leute, 60-80 sind dann wirklich viel. Es kommen auch Abende vor, wo dann nur zehn Leute sind, die aber dennoch toll sind.

[F] Welches Festival würdet ihr gerne einmal headlinen und warum?
[A] Nick: Haldern Pop.
June: Glastonbury.
Nick: Ja, Damien Rice hat ja auch mal auf dem Glastonbury vor 120.000 Menschen gespielt, und es hat funktioniert. Aber Haldern Pop ist natürlich für unsere Musik "das" Festival.

[F] Welche Band würdet ihr gerne einmal supporten und warum?
[A] June: Darf man nur eine sagen? [lacht]
Nick: Also, ich würde tatsächlich BON IVER sagen, weil die Kombination sicherlich interessant wäre.
June: Gut, wenn du die schon nennst, dann würde ich EDWARD SHARPE & THE MAGNETIC ZEROS nehmen. Einfach, weil mit denen unterwegs zu sein, wäre so eine Gaudi.

[F] "Annie Hall" ist mein Lieblingssong auf "Flavor & Sin". Verbindet euch mehr als dieser Song mit Woody Allen?
[A] June: Ich bin über Nick an Woody Allen gekommen, ich kannte vorher nur wenig von ihm.
Nick: Ich bin schon sehr lange, seit der Kindheit, Woody Allen-Fan. Als ich so zehn, elf war, habe ich angefangen, in den Bücherschränken meines Vaters zu wühlen und JIM MORRISSON, BEATLES und eben auch zwei Woody Allen-Bücher gelesen. Ich finde viele Sachen, die er gemacht hat, großartig. Das Prinzip, wie er Filme aufzieht, Komödie mit Tiefgang, finde ich sehr gut und wir versuchen, genau das irgendwie musikalisch zu vermitteln. Ich möchte catchy Momente herstellen, die der Hörer einfach schön findet, aber auch Songs, die Tiefgang haben. So ist Woody Allen ein großer künstlerischer Einfluss.

[F] Was fasziniert euch an der englischen Sprache, und wie schafft ihr es, sie nahezu akzentfrei zu singen, was für deutsche Bands ja doch eher untypisch ist, gerade im Bereich der Folkmusic?
[A] June: Zum akzentfrei muss ich leider sagen, dass in Zürich eine Amerikanerin im Publikum war, die meinte, sie erkennt den Akzent. Für uns war es immer klar, auf Englisch zu singen. Ich habe mal versucht, auf Deutsch einen Text zu schreiben und muss sagen, dass es viel schwieriger ist.
Nick: Es fühlt sich auch wie die musikalische Muttersprache an. Deutsch war nie eine Überlegung für uns. Aber natürlich gibt es gute deutsche Songwriter wie GISBERT ZU KNYPHAUSEN.

[F] Wäre für euch auch Crowdfunding eine Möglichkeit, das nächste Album machen zu können? Was haltet ihr von kickstarter oder startnext?
[A] Nick: Prinzipiell eine gute Sache. Ich kenne auch viele, die darüber ihre Projekte finanziert haben. Ob wir das einmal machen, müsste man überlegen. Vielleicht auch einmal für einen Videodreh oder so. Crowdfunding ist ja gerade sehr im Kommen. Das A und O ist sicherlich, spannende, interessante Belohnungen zu bieten. Kochen. Oder Tourgegenstände. Wir haben ein altes Banjo, das man zum Beispiel nehmen könnte.

[F] Welches Ziel habt ihr noch mit eurer Musik… wenn es denn eines gibt, das ihr noch nicht erreicht habt?
[A] June: Das nächste größere Ziel wäre erst einmal eine größere Tour. Durch Europa. Und dann vielleicht auch weiter.
Nick: Unsere Musik funktioniert ja auch international. Australien wäre mal ein Plan. Auf die Nahzielfrage würde ich erstmal sagen: das zweite Album, das dann 2015 rauskommen soll. Wenn alles klappt.

[F] Was Persönliches zum Schluss: ich freue mich sehr, dass meine Rezension auf eurer Homepage aufgeführt ist. Wie wichtig sind euch Rezensionen und lest ihr sie überhaupt noch?
[A] June: Wir lesen sie schon noch. Wir versuchen natürlich, immer nur die guten zu lesen. [lacht]
Nick: Ich denke, es ist immer ein Mittelding. Rezensionen sind – gerade beim ersten Album – schon interessant. Um zu sehen, wie wird das Album aufgefasst, wie wirkt es, welche Ästhetik vermittelt es? Es gab auch Rezensionen, die meinten, wir wären schwermütig und fast depressiv. Auf der anderen Seite wirken wir dann wieder lebensbejahend. Da gibt es deutliche Unterschiede. Man darf aber Rezensionen nicht zu hoch hängen, sie sind immer aus dem Moment heraus und wir machen eben das, was in uns ist. Ich kann mir nicht vornehmen, einen Song zu schreiben, der so oder so wirken soll. Feedback ist gut, aber man darf es nicht überbewerten.

[F] Frank Zappa hat mal gesagt: "Über Musik schreiben, ist wie zu Architektur tanzen." In diesem Sinne vielen Dank für das Interview.

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Simon-Dominik Otte

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