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MOTORPSYCHO – 20.10.2017, Hamburg (Markthalle)

Neues Album, neuer Schlagzeuger, neue Tour. Abgesehen davon, dass MOTORPSYCHO ihr Set auch in der Vergangenheit schon gerne von Konzert zu Konzert variiert haben, war ihre Tour im Herbst dieses Jahres wie eine musikalische Wundertüte. Die erste kleine Überraschung vor Ort: viele bekannte Gesichter aus Ostfriesland in der Markthalle in Hamburg. Ja, die drei Norweger wurden in meiner Heimat ziemlich verehrt. Und anscheinend nicht nur dort, die große Markthalle war zwar nicht ganz ausverkauft, aber auf jeden Fall ziemlich gut gefüllt.
Los ging es mit dem ruhigen „Stained glass“, doch bereits mit dem folgenden „In every dream home“ wurde aufgezeigt, dass die Herren keineswegs zu müde zum rocken waren. Was sind schon 28 Jahre Bandgeschichte? Mit Ausnahme von dem poppigen „Hey Jane“ und dem etwas verspielteren „No evil“ wurden in der folgenden Stunde meist progrockig bis psychedelisch in ordentlicher Lautstärke die Kopfnickerfraktion und Gitarrensoli-Fans bedient. Dazu passte es ganz gut, dass man sich live eines zweiten Gitarristen bediente, der die rockige Grundausrichtung noch unterstrich. Doch als ich im Foyer am Biertresen ein paar Freunde von damals wiedertraf, blieb man auch gleich im Vorraum stehen. Offensichtlich war nicht nur mir das heutige Set zu rockig, zu breitbeinig, zu gitarrenlastig. Wo waren die folkigen Songs von früher, wo die musikalische Variation? Dass man mit Tomas Järmyr einen fähigen neuen Drummer gefunden hatte, stand außer Frage. Aber lebte MOTORPSYCHO früher nicht gerade von der großen Spielbreite von leise bis laut, von Indiepop bis Hardcore, von knappen Popsongs bis halbstündigen Songaufbauten?
Zum Ende des Sets und in den Zugaben wurden wir mit Stücken wie „The wheel“, „Plan #1“ und „Feel“ für unsere Kritik wieder entschädigt, und wenn Snah sich zu „Heartattack Mac“ wie ein Jugendlicher die Seele aus dem Leib schreit, hat man den Norwegern eh schon längst wieder verziehen.
Mag ihr neues Album „The tower“ für meinen Geschmack auch etwas zu (prog-)rockig ausgefallen sein – vielleicht sieht es auf dem nächsten Album schon wieder anders aus. Zu den Akten legen darf man diese Band sowieso niemals.