Ein Konzert auf Kampnagel ist für das KAISER QUARTETT so etwas wie ein Heimspiel. Ein doppeltes Heimspiel sogar. Zum einen kommen die vier Streicher aus Hamburg, zum anderen haben sie hier schon mit den verschiedensten Musikern zusammengearbeitet, zum Beispiel mit CHILLY GONZALES, JARVIS COCKER (PULP) und dem Kanadier SOCALLED. Es folgten weiteren Kooperationen mit Künstlern wie BOYS NOIZE, GREGORY PORTER, BOSSE, BOY, KETTCAR, ANNA TERNHEIM und DANIEL HOPE, bevor im August 2019 nach 15 Jahren ihr erstes „Soloalbum“ erschien.
Wen wundert es da, dass ihr Konzert im zweitgrößten Saal der ehemaligen Maschinenfabrik bereits im Vorfeld ausverkauft war? Die zahlreichen Kollaborationen haben bewiesen, dass die vier Streicher mit den verschiedensten Formen zeitgenössischer Musik harmonieren, und doch betonte Bratschist und Hauptsongwriter Ingmar Süberkrüb, dass es etwas ganz Besonderes sei, erstmals ausschließlich mit eigenen Stücken live aufzutreten. Dass ihnen diese Solistenrolle absolut liegt, stellte bereits ihr just erschienenes Debütalbum eindrucksvoll unter Beweis. Mit elf Songs (das Stück „Skate“ wurde in einer zweiten Version zusammen mit dem US-Rapper C-RAYZ WALZ eingespielt) ist ihnen ein äußerst kurzweiliges und überraschend hitlastiges Album gelungen, bei dem sich die Frage stellt, warum sie nicht schon viel eher solo agierten.
Doch wie würden sich die vier Kaiser auf der Bühne schlagen, wo der Fokus plötzlich auf sie gerichtet war und sie nicht nur den eigentlichen Hauptdarsteller begleiten mussten? Die Antwort darauf fällt nach dem Konzert auf Kampnagel sehr kurz und schlicht aus: ausgesprochen gut. Erfreulicherweise versuchten sie erst gar nicht, die Entertainer-Qualitäten eines CHILLY GONZALES zu kopieren, gewährten dafür jedoch so manchen Einblick in die Prozesse des Songwritings und plauderten auch die eine oder andere Anekdote aus den zahlreichen Kooperationen aus. Das hatte ein wenig den Charme von einem jungen Künstler, der erstmals auf einer großen Festivalbühne steht und das Publikum an seiner Aufregung und Euphorie teilhaben lässt. Dass sich dieser Enthusiasmus keineswegs negativ auf die spielerische Qualität auswirkte, machte das anderthalbstündige Konzert umso vortrefflicher.