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MONOCHROME – Alles ist REAMONN zu verdanken!

MONOCHROME haben Anfang des Jahres mit "Élat" ihr zweites Album veröffentlicht und sind doch schon seit zehn Jahren im Geschäft. Zuvor unter dem Namen DAWNBREED unterwegs, fand die Namensänderung nicht von heute auf morgen, sondern erst allmählich statt. Ebenso wie die Wandlung des musikalischen Stils weg vom Hardcore, hin zum… ja, was eigentlich? Nennen wir es einfach mal Post-Pop, denn irgendwo kann man die ursprünglichen Wurzeln noch erkennen, auch wenn der zweistimmige Gesang, der zur Hälfte aus weiblichen Vocals besteht, doch sehr in die melodiöse Pop-Sparte ausgerichtet ist. Schöner Pop, wohlgemerkt, und nicht im geringsten belanglos. Nachdem ich bereits die Hoffnung auf ein Konzert in Hamburg aufgegeben hatte, freute ich mich umso mehr, als sie kurzfristig in die "Visions Spring Break"-Tour einsprangen und zusammen mit ARCHIVE, THE ZUTONS und THE DUELS in der Fabrik auftraten. Vor dem Konzert sprach ich mit Sänger Marc, der sich übrigens im Rahmen seiner Dissertation "More than music" mit der Jugendkultur Hardcore beschäftigt, ausführlichst über die Veränderungen in der Band, das neue Label Stickman, sowie die Themen DIY und Authentizität in der Musik.

[F] Ich habe kürzlich eine Review in einem renommierten deutschen Musikmagazin gelesen, in dem man euch NuMetal-Einflüsse unterstellen wollte.
[A] Ich hab´s heute im Netz gelesen, und mich auch gefragt, ob sie die richtige Platte gehört haben. Völlig absurd! Zu DAWNBREED-Zeiten gab es aber auch mal eine Review mit dem Vermerk "durchschnittlicher Ska" – nur weil eine Trompete auf dem Cover war. Das zeugt dann eher von… na ja, whatever…

[F] Wieso ist Euer Artwork eigentlich so minimal ausgefallen?
[A] Das war ja schon immer so. Mit Ausnahme der ersten Sachen waren es ja immer nur Typographie-Arbeiten, aber man darf das nicht damit verwechseln, dass die Gestaltung weniger Zeit braucht. Ich finde es gut, dass auf der Vorderseite keine Information zu viel drauf ist.

[F] Seht ihr MONOCHROME heute auch als die logische Weiterentwicklung von DAWNBREED damals an?
[A] Hm, der Begriff "Logik" passt nicht so ganz, da es keine bewussten Entscheidungen sind, und kein System dahinter steckt. Ich würde eher sagen, dass wir mit kleinen Schritten immer weiter in dieses Pop-Feld hinein getapst sind, allerdings denke ich, dass wir keine reine Pop-Platte machen könnten, weil uns dazu einfach die Begabung fehlt. Wenn man aus einer anderen Schule kommt, kann man seine Herkunft einfach nicht leugnen und das Gitarrespielen nicht einfach ablegen.

[F] Ich habe den Eindruck, ihr wehrt euch gegen den Begriff "Pop".
[A] Mich wundert es ein bisschen, dass bei uns "Pop" immer so groß geschrieben wird, wenn andere Bands doch viel mehr Pop sind. Wir wehren uns aber nicht dagegen – wir haben doch auch auf unserer Website den Untertitel Monochrome – Popgroup – aber wir würden uns nicht selbst in erster Linie als Pop bezeichnen. Auf der Homepage ist das schon eher eine ironische Anspielung.

[F]Wie auch immer – den Vorwurf, ihr würdet euch anbiedern, wird man euch ernsthaft wohl nie machen können.
[A]Es gibt zwar öfters die Forderung "Sing doch mal mehr" oder "Mach mal mehr Hooks", aber ich bin in dem Sinne auch kein Sänger und würde das live weder hinbekommen, noch wollen, auch wenn das im Studio vielleicht noch klappen würde. Aber das ist ja auch der Witz an der Sache. Wir brauchen nicht zwei Sänger, sondern einen davon, der Pop bricht. Ich glaube die Bezeichnung "Pop" fällt inzwischen häufiger, weil der Gesang jetzt viel besser verzahnt ist und wir nicht mehr so wie früher eine klassische Aufteilung –Mark Strophe, Ali Refrain- vornehmen.

[F]Wie gestaltet sich bei der räumlichen Distanz (ein Teil der Band lebt in Basel, der andere in Stuttgart) das Songwriting?
[A]Weil wir so verstreut wohnen, ist es noch viel kompakter geworden. Es gibt bei uns kein Jammen, so nach dem Motto "schön, dass wir uns mal sehen, jetzt spielen wir erst mal". Sondern es ist sehr konzentriert, mit Ideen, die wir im Vorfeld zu Hause aufgenommen haben. Wir programmieren Schlagzeuge dazu und spielen ein Riff ein, schicken das rum und sagen: "Hier macht mal Hausaufgaben bis zur nächsten Probe. Das ist meine Idee und lasst uns daran arbeiten!" Früher haben wir die Gesänge im Studio fertig gemacht oder bei der Probe vorher, und jetzt haben wir uns auch mal zu zweit getroffen und ausprobiert.

[F]Macht das Proben da eigentlich Spaß, wenn man stets so konzentriert und rational zu Werke geht?
[A]Dadurch, dass eine Fraktion immer mindestens drei Stunden fahren muss, ist es natürlich ein ganz anderes Proben als bei anderen Bands. Es ist wie mit einer Freundin, die hunderte Kilometer weg wohnt: da muss es auch gut sein, wenn man sich trifft. Sonst ist dicke Luft und dann ist es Scheiße.

[F] Du sprichst da aus Erfahrung?
[A] Ja, ich hatte zwei Jahre lang eine Freundin in Amerika. Uns so ist es auch beim Proben: es ist schon Druck da, wenn wir uns treffen, aber den müssen wir uns auch machen. Wir hatten dieses Mal rückwärts gerechnet; wir können im Februar auf Tour, dann kommt die Platte im Januar raus und muss drei Monate vorher gemastert sein wegen der Promo-Zeit, usw. Und so wussten wir, dass in einer Probe zwei Lieder herausspringen müssen. Oliver Kahn arbeitet unter Druck am besten, vielleicht proben wir unter Druck am besten.
Zudem spielen drei von uns seit 13 Jahren zusammen und vier von uns seit zehn Jahren, und da gibt es schon eine Art Routine, wie man ans Songwriting geht. Früher war´s wie Sport, da hat man montags und donnerstags geprobt und jetzt ist es was völlig anderes.

[F]Wenn man euer Proben mit dem eurer Labelmates MOTORPSYCHO vergleicht, treffen hier ja zwei Gegensätze aufeinander. Angeblich sollen die Norweger wie bei einem festen Job acht Stunden an einem Tag proben. Wäre das bei euch überhaupt vorstellbar?
[A]Wir wollten nie professionelle Musiker werden, weil wir auch Begabungen in anderen Bereichen haben, die sich ebenso lohnen zu verfolgen und die genauso viel Spaß machen, aber die glücklicherweise oft doch etwas mit der Band oder Musik zu tun haben. Einer wollte promovieren, der andere sein Design-Studium machen und der andere unterrichten. Und das war auch immer OK.

[F]FACE TOMORROW haben in einem Interview mal behauptet, dass amerikanische Bands deshalb besser seien als europäische, weil sie häufiger proben.
[A] Diese Überlegung stand bei uns nie im Raum. Aber amerikanische Bands, und sie können noch so beschissene Musik machen, sind echt tighter. Sie sind zwar meistens langweilig und häufig überbewertet, aber sie spielen tight. Aber das muss nicht unbedingt ein Anspruch sein, den man zwingend verfolgen sollte.

[F]Wenn man schon so lange zusammen Musik macht, ändern sich natürlich auch die Geschmäcker der einzelnen Bandmitglieder. Wirkt sich dies eher negativ oder positiv auf den eigenen Output aus?
[A]Das war immer schon positiv. Es gibt einen gemeinsamen Nenner: FUGAZI. Und es gibt einen gemeinsamen Nenner bei 5/6 der Band: das ist OASIS. Aber OASIS findet bei uns ja kaum statt. Ich habe jetzt immer den Eindruck, wenn Leute über uns schreiben, wir seien einzigartig, dass sie gar nicht mehr die Musik von damals kennen, z.B. DINOSAUR JR und diese ganzen Dischord-Bands, und dass sie von daher auch nicht unsere Einflüsse wahrnehmen können. Unsere Musik hat eben kein Disco- und kein 80er Jahre Offbeat-Schlagzeug, keine Keyboards und ist deshalb auch kein Zeitgeist-Indie!

[F]Ich finde übrigens auch den ROBOCOP KRAUS-Vergleich sehr unzutreffend.
[A]Hör mir auf mit dem ROBOCOP KRAUS-Vergleich! Die waren jahrelang unsere Vorband, und sind jetzt auf einmal durch den Lado-Deal und weil sie gesagt haben, sie wollen nur noch Musik machen, richtig durchgestartet. Das muss man natürlich auch erst einmal schaffen, und davor ziehe ich alle Hüte, aber unsere Musik hat überhaupt nichts mit ROBOCOP KRAUS zu tun. Nur weil wir aus demselben Umfeld kommen, und in denselben Läden gespielt haben…
Allerdings haben ROBOCOP KRAUS wirklich den Zeitgeist getroffen, und das deutsche Pendant zu ganz vielen englischen Bands geschaffen. Das haben die gut gemacht, und sie haben auch diesen Teenage-Charme.
Aber schau dir doch mal an, was zumeist über uns geschrieben wird. Über die Musik wird nie was gesagt. Es wird nur so eine komische Art von Authentizität um die Band gegründet, die auf so altbackenen Aspekten gründet wie "die gibt´s schon so lange, die haben sich von unten nach oben gespielt" – das interessiert mich alles nicht. Wenn ich über Musik Bescheid wissen will, dann will ich nicht lesen, ob der jetzt ´ne Doktorarbeit schreibt und der Designer ist. Das ist alles schön und gut, aber es wird nie etwas über die Musik gesprochen, obwohl man da doch wirklich viel zu sagen könnte. Stattdessen immer nur dieses Drumherum. Mir wäre es wirklich mal lieber, wenn man sich mal auf die Musik konzentrieren würde.

[F]Wie seid ihr zu Stickman gekommen, die zunächst doch auch immer die Prämisse hatten, keine deutsche Band zu signen?
[A]Man muss fast eher fragen: "Wie kommt Stickman zu uns?" Die kurze Version: ich habe bei VIVA2 gearbeitet, war betrunken, war bei der 1live-Award-Verleihung in Oberhausen und habe dort REAMONN interviewt. Nach dem Konzert bedankte sich der Schlagzeuger für das Interview, fand meinen "THE WHO"-Button gut, wir unterhielten uns und blieben im Kontakt. Er sammelt wie ich Schallplatten, sein Freund machte einen Club in Konstanz auf, er konnte nicht auflegen, und vermittelte mich als DJ. Zwei Jahre später lernte ich jemanden kennen, der mit diesem Laden was zu tun hat und in Augsburg einen Club aufmachen wollte – Rich, der Sänger von COSMIC CASINO. Die waren gerade in Verhandlung mit Stickman, und er sagte, dass sich Stickman äußerte, dass es zwei Bands in Deutschland gäbe, die sie gerne signen würden: NOTWIST und MONOCHROME. Und da ich noch bei ihm auflegte und er wusste, dass wir gerade an einer neuen Platte arbeiteten, vermittelte er zwischen uns. Auf die ersten Aufnahmen hatten sie sich zwar nicht gemeldet, aber als wir dann immer wieder unsere Rough Mixes an sie schickten, kam irgendwann die Rückmeldung, dass sie gern mit uns was machen würden. Dem Mike von REAMONN ist also alles zu verdanken!

[F]Ich habe ja die ganze Zeit darauf gehofft, dass ihr mal in Hamburg spielt, aber wenn ihr jetzt nicht bei dieser Visions-Sache mit reingerutscht wärt…
[A]Es war geplant, bei dem FSK-Festival im Knust zu spielen, weil Patrick Ziegelmüller uns gerne wollte, aber seine Schwester fand uns scheiße und wollte das nicht. Da haben wir schon geschimpft wie die Rohrspatzen, weil Hamburg wegen Stickman ein toller Abschluss der Tour gewesen wäre. Naja, Ladys first und wir spielten nicht.

[F]Seid ihr nun zufrieden, auf dem Visions-Festival zu spielen, oder hättet ihr lieber alleine gespielt?
[A]Alleine wäre der Laden hier viel zu groß gewesen. Stickman ist es natürlich Recht, dass wir hier spielen, aber ich würde sagen, vor zehn Jahren hätten wir hier nicht gespielt. Es ist natürlich eine gute Chance, aber es kann auch passieren, dass die Leute pfeifen und buh rufen, weil sie die KOOKS sehen wollen. Wahrscheinlich wird es hier ein ziemlich junges Publikum geben, und wir werden sicherlich ziemlich aus dem Rahmen fallen, aber warten wir mal ab wie es wird.

[F]Seht ihr euch als politische Band?
[A]Wir sind vor allem nicht Politik-verdrossen, was einem ja gern unterstellt wird. Ich glaube nicht an die politische Durchschlagkraft in der Kunst, die ja von jeher gescheitert ist. Aber ich glaube wohl im Benjaminschen oder Brechtschen Sinne, dass man über die Reflexion der Produktionsverhältnisse als Künstler einen größeren politischen Einfluss ausübt, als wenn man dies in Texten etc. anprangert. Ich verurteile das nicht, finde es sogar wichtig, und viele Leute machen auch auf Themen aufmerksam, die notwendig sind, aber ich denke, die einzige Möglichkeit, sich einigermaßen politisch zu verhalten ist die, sich selbst in seinem Umfeld zu reflektieren – das FUGAZI/ Dischord-Prinzip, das wir immer verfolgt haben. Bei uns steht DIY ganz oben, was aber nicht als Verweigerung als Chic zu verstehen ist. Vielmehr hängt es damit zusammen, dass sich keiner für diese Musik interessiert hat, außer in den besetzten Häusern und Kids, die das selbst gemacht haben.
Aber trotzdem glaube ich, dass es eine politische Entscheidung ist, in einem bestimmten Club und auf entsprechenden Festivals zu spielen. Wir spielen in Mülheim bspw. auf dem Antifa-Festival im AZ. Aber wir sagen auch nicht: "schreib bitte ganz groß drüber, dass ab 400 Euro; alles an die Antifa geht!" Und wenn wir im Frauenknast Vechta spielen, steht auch nicht auf dem Flyer "Jugendclub Frauenknast Vechta". Obwohl dort zu spielen, ganz sicher eine politische Entscheidung ist.

[F]Insgesamt scheinen die Bands ja auch glaubhafter, die ihre politische Einstellung nicht unbedingt auf ihrer Brust tragen, wie z.B. THE (INTERNATIONAL) NOISE CONSPIRACY.
[A]T(I)NC sind ja auch das beste Beispiel für Politik als Subject. Und genau das, was alle immer anprangern, nämlich dass man auf die Ästhetisierung von Politik mit der Politisierung von Kunst antworten soll, geht hier vollkommen in die Hose. Ich habe bei T(I)NC immer das Gefühl, sie lesen nur diese altlinken Weisheiten heraus. Wir haben ja früher öfters mit THE MAKE-UP gespielt, und du hättest mal Ian sehen sollen, als T(I)NC mit den identischen Anzügen auf die Bühne kamen und damit abgesahnt haben.

[F]Meinst Du, dass sich die vielen Demonstrationen in der letzten Zeit mit den sechziger Jahren vergleichbar sind?
[A]Der Spruch "Les murs ont la parole" stammt zwar von 1968, aber wir haben ihn romantisiert. Ich fand, dass er irgendwie traurig klingt. Allerdings glaube ich, dass viele Demos heute nur aus ökonomischen und nicht aus politischen Gründen stattfinden.

[F]Ihr geltet ja schon seit Jahren als Geheimtipp- das ist doch eigentlich das Beste, was einem als Band passieren kann!
[A]Andererseits wird "authentisch" auch scheinbar ausschließlich darüber definiert, dass es uns bereits so lange gibt und wir noch immer als Geheimtipp gelten. Aber eigentlich sind wir, zumindest momentan, gar kein Geheimtipp mehr, weil fast jedes Scheiß-Magazin über uns berichtet hat. Allerdings auch immer nur in einer kleinen Ecke und bloß nicht doppelseitig, um bloß diesen Status zu wahren.

[F]Hättet ihr´s denn gern ein bisschen größer gehabt?
[A] Naja, wir hatten eben auch nie ´ne Platte veröffentlicht, im Anschluss daran drei Monate getourt und unbedingt ein Video gemacht. Und so kann man auch niemandem einen Vorwurf machen, dass man uns nicht kennt. Wir waren nie so recht aktiv, die Presse stand bei den Singles und EPs auch nie Schlange, aber uns war schon klar, dass sich bei den LPs jetzt alle melden würden. Denn so viel Spannendes passiert in Deutschland auch nicht, und wir verkörpern für viele Leute eben das andere Indie-Verständnis zu BLACKMAIL und TOMTE. Wobei "indie" heute ja weit gefasst ist. Früher waren es eben die Leute, die auf den Boden starrten und nicht auf der Tanzfläche waren.

[F]Würdet ihr denn zu den alten Formaten zurückkehren, wenn´s euch zu big wird?
[A]Wie sollen wir denn groß werden, wenn wir immer nur so sporadisch spielen? Momentan zwar etwas mehr als sonst, aber das ist dann auch schon eher die Ausnahme. Es liegt sicherlich auch an uns, und ich denke, es wäre auch nicht schwer gewesen, ein Major an Land zu ziehen.

[F]Bewusst nicht?
[A]Im Grunde ist es doch egal, ob Major oder nicht. Ich habe in den letzten Jahren bestimmt mehr Major-Platten gekauft als Indie oder DIY. Ich glaube aber auch, dass es den meisten egal ist, ob wir jetzt auf einem Major wären oder die Platten selbst machen. Es gibt sicherlich ein paar Leute, die sich dafür interessieren, aber der Großteil eher nicht. Und dann gibt´s ja auch noch die, die zuerst schauen, ob wir coole Frisuren haben oder nicht.

[F]Aber das sind dann doch eher die Kids.
[A]Ja klar!

[F]Ich denke aber eher, dass sich viele Leute für Euch begeistern, die ungefähr so alt sind wie wir. Mitte zwanzig bis Mitte dreißig, und die achten da sicherlich nicht mehr so drauf.
[A]Das stimmt. Das Gute ist auch, dass Stickman eher ein Erwachsenen-Label ist, mit tollen gewachsenen Bands, wo auch das Umfeld stimmt. Und wo man sich freut, wenn die Platte in der Anzeige zwischen MOTORPSYCHO und THE SOUNDTRACK OF OUR LIVES steht. Da lernen uns sicherlich auch neue Hörer über das Label kennen.

[F]Also käme ein Major für euch eher doch nicht in Frage.
[A]Wir würden aus anderen Gründen nicht zum Major gehen. Wir haben auch zu Stickman gesagt, dass wir jetzt nicht monatelang auf Tour gehen werden, und dass wir nicht versprechen können, dass im nächsten Jahr die neue Platte kommt. Das einzige, was wir Stickman zusichern konnten, war, dass wir die aktuelle Platte so gut es eben geht machen werden, und dass wir auch die Promo-Geschichten mitmachen. Und find erst mal ein Label, dass bei solchen Ansagen nicht die Nase rümpft! Das ist das Tolle an Stickman!

[F] Meint ihr denn nicht, dass gerade so eine Einstellung eurerseits auch auf Sympathie bei den Fans stößt?
[A]Hey, uns wurde früher immer unterstellt, dass wir arrogant seien, und jetzt sind wir plötzlich sympathisch? Wir haben früher keine Interviews gegeben, weil wir auch einfach nicht danach gefragt worden sind. Und eigentlich gibt es über uns auch gar nicht viel zu sagen, aber die Leute fangen an, über einen zu erzählen, wenn man sich nicht in HC-Foren herumtreibt, keine Fanzines rausbringt und seine Meinung nicht öffentlich kundtut!
Kürzlich hatte ein Fan das Inlay der "Laser"-Platte verloren, und klar, schick ich ihm dann ein neues. Habe letztens auch selber ein altes DAWNBREED-Shirt bei ebay ersteigert, weil wir immer wieder danach gefragt werden. Da finde ich es schon eher ungewöhnlich, wenn wir mit einem Band-Manager über das Drumset einer Band reden müssen, das man mitnutzen möchte. Es würde einfacher gehen! Aber es muss ja Arbeitsplätze geben…

[F] Und was muss man als Band falsch machen, wenn man Fans verlieren möchte?
[A]Hoffi aus dem Underdogs-Laden hat unser Konzert in Köln gemanaged und: "Jetzt bin ich wirklich gespannt gespannt, ob Euch die Fans wegbrechen. Wer geht denn beispielsweise noch von früher auf ein ROBOCOP KRAUS-Konzert?" Ich denke aber, dass die Fans eher abhauen, wenn man sich im Interview dazu distanziert. Wenn man sagt, dass man die Szene langweilig findet und dem entwachsen sei. Das ist nämlich eine ziemlich arrogante Einstellung, da gerade diese Szene die Sache am Leben hält. Deshalb spielen wir jetzt auch das Hardcore-Festival in Saarlouis, etc. Natürlich gibt es Leute, die sich darüber mokieren, wenn man in der Spex oder Visions steht, aber gegenteilig auch Leute, die anfragen: "Dürfen wir euch jetzt noch fragen, ob ihr auf dem Trainspotting-Festival in Nürnberg spielen wollt?"
Meist beschwert sich ja eher die jüngere Generation, die immer nach dem heißesten Scheiß sucht und dann behauptet: "Öh, die hab ich schon so oft gesehen." Geht aber gar nicht, weil wir ja kaum spielen…

[F]Allerdings hatte ich kürzlich ein Gespräch mit Leuten von Sinnbus, die Grand Hotel van Cleef dafür lobten, dass sie es ohne Major bis nach ganz oben in die Charts geschafft haben.
[A]Aber schau dir doch Thees Uhlmann an. Der ist ein Hans Dampf in allen Gassen, ohne dass ich ihn kenne. Er ist so ein Typ – gäbe es eine Glühlampe auf der Welt, er würde sich drunter stellen. Aber das muss man auch sein, wenn man es so dick aufziehen will, und Kontakte sind dafür natürlich auch sehr wichtig. Stickman ist wohl eher das Gegenteil dazu. Aber mit MARITIME haben GHvC auch wirklich eine geschmackvolle Band auf ihrem Label.

[F]Und das Deutschspachige tut sicherlich auch sein übriges, oder?
[A]Ganz bestimmt. Wenn TOMTE auf Englisch singen würden, wären´s sicherlich einige Tausend Platten weniger. Aber wenn Musik Leute anspricht, hat sie eben auch ihre Berechtigung.

http://www.monochromepopgroup.com/
http://www.stickman-records.de/