Das Album beginnt mit einer an Flamenco erinnernden Gitarre, die sich durch ein dreiminütiges Intro fräst und klimpert, packt mich nicht so richtig, was einfach an der Art des Spiels liegt. Geschmackssache. Aber dann … dann bricht „Bring me the ocean“ plötzlich los. Und klingt wie THE CURE als Akustikband, wie Folk mit leichter Depression und fragt uns „Can you sing yourself alive?“ Eines ist recht schnell klar: LOST NAME können uns lebendig singen. Mit voller Power brennen sie Brücken in Venedig nieder und entfachen die Flamme in uns gleich mit. Dass dieses Album bereits 16 Jahre und eine sehr obskure Geschichte auf dem Buckel hat, das merkt man nicht. Dass Andreas Langhammer, der LOST NAME ist, ein ganz hervorragender Singer/Songwriter ist, der uns mit seiner oft brechenden, dennoch so unglaublich kraftvollen Stimme ins Gewissen singt und nicht mehr als seine Gitarre braucht, um vollends zu überzeugen. Die sporadisch eingesetzten Geigen braucht es nicht, aber sie setzen dennoch schöne Akzente (wobei diese nicht immer wirklich schön sind, so tonal betrachtet).
Von „Bring me the ocean“ geht eine unglaubliche Kraft aus, die in die Welt geschrien werden will und muss, wenn dich dieses Album nicht packt, dann hast du die Musik nie geliebt. Langhammer malträtiert seine Stimme und daher ist es kein Wunder, dass diese schon einmal richtig gelitten hat. Aber mit eben dieser Art des Singens erobert er unsere Herzen und gibt dem Album eine packende Emotionalität, die die Hörenden nicht loslässt. Hier erinnert LOST NAME mich immer wieder an TIGERYOUTH, auch aufgrund der Gefühle, die in die Songs gelegt werden und aus ihnen herausströmen. Selbst die zarteren Klänge („Ippolit“) sind immer noch wütend und laut, dabei dennoch so nah und sanft. Besonders deutlich wird das mit Tracks wie „Close the curtain“ oder „Punishment“, bei denen sich dann doch tatsächlich auch der Gesang merklich zurücknimmt, aber nichts von seiner Strahlkraft verliert.
Ein großes Glück, dass dieses Kleinod jetzt noch einmal ans Licht geführt wird. Denn das hat es absolut verdient, handelt es sich bei „Bring me the ocean“ doch um ein kleines Meisterwerk der Singer/Songwriter-Kunst. Chapeau.