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GENETIKS – Der böse Ton der GENETIKS

GENETIKS ist eine Band aus Nürnberg, und sie existiert seit Sommer 1999. Erst vor kurzen haben sie ihr Album „Bitte zurücktreten“ vorgestellt. Darauf folgte eine kleine Tournee durch Deutschland und angrenzende Staaten. Aus diesen Grund gab es eine Menge zu berichten.

[F]Als erstes will ich mal ein großes Lob für die neue CD „Bitte zurücktreten“ aussprechen. Dass ich sehr begeistert war, konnte man ja auch schon in meiner Review lesen.
[A]Danke, freut uns immer wieder, wenn jemandem, den wir nicht persönlich kennen, unsere CD gefällt.

[F]Ich hatte mich ja schon sehr auf euren Auftritt in der Roten Flora gefreut, aber wie ich hörte, haben die euch abgesagt wegen eurer Texte. Passiert es öfter, dass ihr missverstanden werdet?
[A]Bezüglich der Roten Flora in Hamburg haben wir laut E-Mail von deren Veranstaltungsdiskussionsgruppe lediglich ’ne Absage bezüglich der Musik und der Texte bekommen. Vielleicht hat dem ein oder anderen die Musik einfach nicht gefallen, meist reicht ja schon ein Veto in so ’ner Gruppe. Wenn die Texte ein Problem gewesen sein sollten, frag ich mich, welcher. Wir haben meiner Meinung nach keinen fragwürdigen Text im Repertoire. Ich könnte noch mehrere Mutmaßungen anstellen, warum. Dazu müsste man aber den/ diejenige(n) fragen, die möglicherweise ein Problem mit wasauchimmer hatten. Interessiert mich/ uns aber nicht wirklich, dann spielen wir eben woanders.
Möglicherweise werden wir öfter missverstanden, ich kann das so jetzt nicht beurteilen, müsste man den ein oder anderen Zu-hörer/schauer fragen. Ich kann mich noch an eine Szene auf einem Antifa-Benefiz in Jena erinnern, in der wohl ein, zwei Frauen den Raum verlassen haben sollen, weil sie bei einem Text statt: „…und dann kann dich keiner mehr finden!“, „…dann kann dich keiner mehr ficken!“ verstanden haben. Tja… Diese Missverständnisse tauchen in der sogenannten Szene meines Erachtens hauptsächlich aus zwei Gründen auf:
1. Weil die Szene/ BRD, was Sexismus und Faschismus angeht, extrem übersensibilisiert ist. Die Wunden des Geschlechterkampfs und die des Dritten Reichs sind in Deutschland eben sehr tief, und die werden wahrscheinlich auch nicht so schnell zuwachsen
2. Weil wir erstmal selbst schwierig einzuordnen sind; in dem Punkt bin ich zumindest sehr radikal. Ich habe überhaupt keinen Bock, mich wegen irgendeines äußeren Einflusses in meinem individuellen Ausdruck, sei es Musik, Texte, Kleidung etc. irgendwie einzuschränken. Das heißt auch ganz radikal, dass, wenn ich/ wir Lust haben irgendetwas zu machen, was man aber so eigentlich nicht machen sollte/ dürfte, machen wir es meistens trotzdem. Das ist meiner Meinung nach im ursprünglichsten sinn das, was Punk ausmacht. Und es ist immer wieder bezeichnend, dass wir gerade in den sogenannten Punk/ D.I.Y. / Antifa-Kreisen mit dieser Einstellung Missverständnisse hervorrufen oder anecken. (Punk ist mittlerweile die konservativste Kiste geworden, die es gibt und daher auch meistens scheiß-langweilig!) Es macht mir dann aber auch immer wieder Spaß, noch mehr zu bohren und zu ärgern. Ich frag mich echt manchmal, was der ganze Scheiß eigentlich soll, diese ganzen Grabenkämpfe, die eigentlich heutzutage mehr kaputtmachen als die Themen selbst, um die es geht – Sexismus und Faschismus. Wenn ich oft sehe, dass Sexismus mit Sexismus und Faschismus mit Faschismus bekämpft wird, muss ich immer sofort an die judäische Volksfront und die Volksfront von Judäa-Geschichte bei Monthy Python denken.
Ich muss noch ’ne Kleinigkeit hinzufügen: bei all den Informationen, die wir täglich meist indirekt kriegen, ist die spektakulärste die, für die man sich am meisten interessiert. Dafür werden dann Infos auch häufig mal ein bisschen hingebogen oder auch was dazu erfunden etc. Nach unserem Konzert mit der ganzen Ficken-Geschichte, wurden es laut Infos immer mehr Frauen, die den Raum verlassen haben sollen. Ich habe davon eigentlich während des Konzerts nix mitbekommen und mich hat auch danach keine der Frauen auf den Text angesprochen. Und bezüglich der Hamburg/ Flora-Geschichte weiß eigentlich keiner was sicheres. Bei dir kommt’s aber so an, dass die uns wegen der Texte abgesagt hätten – klingt eben viel eindrucksvoller, und wenn man dann manchmal genügend bohrt und nachsetzt, vielleicht entsteht dann auch ein neuer Graben. SILENT FRONT, die englische Band, mit der wir dann nicht in der Roten Flora, aber im Anschluss in Tschechien und Polen zusammen gespielt haben, haben sich auch ganz schön gewundert, warum wir in Hamburg nicht dabei waren.

[F]Wie läuft es denn sonst so mit der Tour und gibt es einen Ersatz-Termin für Hamburg?
[A]Die Tour hat unheimlich viel Spaß gemacht, wir planen im Moment für Oktober die nächste. Wer Interesse und Lust hat, mehr über die Tour im März zu erfahren: ich habe auf unsere Homepage (http://www.genoton.de) ein kleines Tourtagebuch gestellt – mit Diashow, hehe! Werde das Ganze auch vertonen, dann muss man’s nicht selber lesen.

[F]Ich habe gelesen, dass ihr euer Video zum Lied „Astronaut“ gedreht habt. Seid ihr zufrieden mit dem Ergebnis, und wann bzw. wo kann man es bewundern?
[A]Wir sind zum Drehen in die Alpen gefahren, Edina, die Freundin unseres Keyboarders Anselm, und er selbst sind schon seit Jahren im (Kurz-)Filmbereich tätig. Daher kam eigentlich auch die Idee und Lust, so was zu machen. Der Dreh war einfach super, ein kleines Abenteuer halt. Und darum ging’s auch; weniger um das Filmchen. Ich habe das Material noch nicht sehen können. Ein weiterer Grund, das Ganze zu machen, war auch der Wunsch Anselms, noch mal in Super8 zu drehen, da die öffentliche Produktion von Super8 dieses Jahr eingestellt wird. Mal sehen, was dabei rausgekommen ist. Realistisch wird ’ne Veröffentlichung so Richtung Herbst sein, und wir werden das Ganze dann voraussichtlich zum Herunterladen auf unsere Homepage und andere Internet-Portale stellen.

[F]Ihr werdet ja mit Gruppen wie FUGAZI, DAF und EA80 verglichen. Was haltet ihr davon, und sind es vielleicht auch eure persönlichen Favoriten?
[A]Ich selbst habe überhaupt nichts gegen Vergleiche mit den ersten zwei Bands, zur letzteren kann ich nix sagen, hab ich selbst nie gehört. Ich hab überhaupt das erste Mal in eine Platte von denen reingehört, als wir häufiger mit denen verglichen wurden. Gefällt mir ganz gut. FUGAZI waren jahrelang meine persönlichen Favoriten, die habe ich über alles geliebt, war sowieso ein Riesen-Dischord-Fan. D.A.F hab ich eigentlich erst vor ein paar Jahren so richtig entdeckt, und da sehe ich weniger musikalisch als vielleicht von der Darstellung her Ähnlichkeiten. Die haben’s ja damals auch immer drauf angelegt und sind oft missverstanden worden. Finde die einfach richtig sexy!

[F]Eure Internet-Seite ist ja doch ein wenig gewagt – gab es da schon Reaktionen drauf?
[A]Ich finde die eigentlich nicht gewagt, eher so quasi-Slapstickmäßig. Wenn ich mir manchmal die Titanic durchblättere, finde ich die vielleicht gewagt. Ja, es gab schon Reaktionen auf die Homepage. Weil wir das quasi-pornografische Bild von der damaligen Startseite nicht entfernen wollten, wurde uns ein Konzert abgesagt. Mit einem derart sexistischen Bild könne er keine Werbung in seinem Umfeld für das Konzert machen, so der Veranstalter. Das Bild war aus ’nem 70er Porno entnommen; die Szene spielt in einem Party-Keller, im Hintergrund ein lachendes Pärchen, das einem anderen Pärchen beim Sex zuschaut. Eine Frau kniet grinsend vor einem Mann und ist kurz davor, ihm einen zu blasen. Der Schwanz des Mannes ist ersetzt durch den GENETIKS-Schriftzug. Wenn man mit dem Cursor der Maus über das Bild fährt, erscheint über der Frau eine Gedankenblase mit der Inschrift: “Mmmhh, lecker! Die Homepage der GENETIKS!“ War als Provokation gedacht und hat auch sein Ziel erreicht. Es kann jeder selbst entscheiden, ob er sich durch so was dann unangenehm berührt fühlt oder nicht, oder ob er es vielleicht sogar komisch findet oder einfach nur total bescheuert.

[F]Gibt es etwas, das ihr unseren Lesern noch unbedingt mitteilen möchtet?
[A]Ja, wir suchen einen neuen Basser im Raum Süddeutschland. Wie’s der Zufall so will, kennt vielleicht jemand einen, der Lust und Zeit hat, bei uns mitzuspielen; in diesem traurigen Spiel!?