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DRUNK MOTORCYCLE BOY – s/t

Oha! Punkrocker in der Midlife-Crisis – das kenne ich nur zu gut… Wenn man irgendwann bemerkt, dass man der Älteste auf dem Konzert ist und zugleich erschrocken feststellt, dass das Band-Shirt, das man trägt, mit Tourdaten aus dem vorherigen Jahrtausend bedruckt ist, dann kann man schon mal ins Grübeln kommen, ob mit einem selbst irgendetwas nicht stimmt. Ähnliche Erlebnisse hatten möglicherweise auch die mittlerweile in der 30er-Zone des Lebens angekommenen Jungs von DRUNK MOTORCYCLE BOY als sie beschlossen hatten, eine Band zu gründen, die einerseits den Geist alter Midwest Emo-Helden atmet, zugleich aber auch knackig genug klingt, um den musizierenden Jungspunden von Heute das Wasser reichen zu können. Ausgestattet mit einem guten Vierteljahrhundert Band-Erfahrung, die unter anderem aus dem Mitwirken in Gruppen wie EL MARIACHI oder BALBOA BURNOUT resultiert, haut das Quartett mit dem rebellischen Namen eine melancholische Punkrock-Hymne nach der nächsten raus und erinnert dabei an Zeiten, in denen Holzfällerhemden noch Flanellhemden hießen und als stilistisches Privileg von Handwerken und Frührentnern galten. Songs wie „Soul on parole“, „Losing and missing“ oder „Lost“ begeistern mit dichten Gitarrenwänden, Gänsehautmelodien und großartigen Chören, weisen allerdings aufgrund ihrer Klasse der abschließenden Akustik-Nummer „Little king“ zwangsläufig eine Statistenrolle zu. Das ist aber auch schon der einzige kleine Wermutstropfen, denn abgesehen davon erlauben sich DRUNK MOTORCYCLE BOY auf ihrem Debüt-Vinyl keinerlei weiteren Schwächen. Also, liebe Facebook-Generation: Lasst diese alten Säcke mal machen, denn die wissen ganz genau, was sie tun! Und merkt euch: Wenn das alte SAMIAM-Shirt ab einem gewissen Alter ein wenig spannt, dann liegt das ganz sicher nicht am Bauchansatz, sondern lediglich an der breiten Brust des Trägers.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.