Da bekommt man eine neue Platte zugeschickt, sieht sie an und wundert sich erstmal. Das Cover wirkt so verspielt, dass ich kurz geglaubt habe, aus Versehen eine CD von meinem dreijährigen Neffen erwischt zu haben. Der Bandname DIE CHARTS hat mich auch nicht vom Gegenteil überzeugen können. Bei näherer Betrachtung aber bemerkt man die Liebe zum Detail – dass eben genau diese Verspieltheit Absicht ist. Der nächste Griff geht zur CD und ab damit ins Notebook. Schnell mal reinhören. Und ich muss zugeben: Anfangs wusste ich nicht, was ich davon halten sollte, war verwirrt. Erstmal weggelegt. Dass der erste Eindruck oft täuschen kann, war mir immerhin schon bewusst.
Zweites Mal hören. Jetzt mit Stift und Block. Na gut, ich gebe zu: Es ist nicht ganz so romantisch, bloß eine Tastatur. Jetzt wird mit vollster Aufmerksamkeit gehört. Was direkt auffällt, ist diese dominante und teils solistische Orgel, die sich wie ein roter Faden durch die ganze Platte zieht. Ansonsten zieht sich abgesehen von der leicht staccato wirkenden männlichen Stimme nämlich nichts mehr durch das ganze Album. Auf jeden Fall ist es Indie – nein halt – Pop. Oder Indiepop? Wer hier versucht, nur eine Schublade aufzuziehen, der scheitert. (Wo steckt die Platte wohl in ´nem Plattenladen?) Die deutschen Texte werden interpretationswürdig und fast balladenhaft präsentiert. Während die Thematik des Tracks „Hals“ eindeutig scheint (Das unfreudige Erwachen des Herbst), so sind viele Songs eher verschlüsselt und können vom Hörer individuell ausgelegt werden. Gut so!
DIE CHARTS bieten unter anderem mit „Europäischer Film“ eine Gradwanderung zwischen tanzbar und nicht tanzbar. Der Rhythmus sorgt für Bewegung im Fuß, wird jedoch nicht weiter aufgegriffen.
Hier wird wieder klar: Die vier Verantwortlichen wollen mit uns spielen. Sie stellen die Frage: Spielst du mit? Die Antwort muss jetzt vom Hörer kommen.
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass experimentierfreudige Musikfans mit „Chartism“ von DIE CHARTS auf ihre Kosten kommen und das Album Potential für eine Lieblingsplatte bietet. Wer aber einfach nur Indie / Indiepop will, der kauft besser wieder bei KETTCAR ein.
Fragen zum Bericht? sven-wildermann (at) yahoo.de