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DESOLAT – Ückendorfication

Spätestens seit ein britischer Sportjournalist den EM-Austragungsort Gelsenkirchen jüngst mit wenig schmeichelhaften Worten bedacht hat, hat sich die ehemalige Steinkohle-Hochburg im Ruhrgebiet einen eher zweifelhaften internationalen Ruf erworben. Und selbst wenn das Urteil des besagten Reporters vielleicht ein wenig zu oberflächlich und hart ausgefallen sein mag, hat die Stadt zumindest in puncto Subkultur objektiv betrachtet nicht allzu viel vorzuweisen. In einem Interview, das ich 2007 mit der von dort stammenden Band D.U.C. geführt habe, antwortete deren Sänger Tom auf die Frage, wie es um die alternative Musik-Szene in Gelsenkirchen bestellt sei, exemplarisch mit den resignierten Worten: „Das kannst Du absolut vergessen. Da war auch, bis auf die SALINOS, fast nie etwas, was die Stadtgrenzen verlassen hat“. Schlechte Ausgangsbasis also für DESOLAT, die ebenfalls dort verwurzelt sind und nun via Dackelton Records ihr erstes Album „Ückendorfication“ veröffentlicht haben. Der Opener „Verpass nicht den Anschluss 1“ weckt bei mir leichte Assoziationen zu ADAM ANGST. Der darauf folgende Titeltrack hingegen klingt hingegen eher so, als würden sich SELIG an einem Grunge-Stück versuchen, während „Du schaust mich an, ich schau hinein“ ein wenig wie SCHROTTGRENZE zu ihrer „Das Ende unserer Zeit“-Phase anmutet. Auch Skatepunk-Einflüsse kommen im weiteren Verlauf des Albums zum Vorschein – an Abwechslungsreichtum mangelt es dem Longplayer also keineswegs. Vielmehr gefällt mir die CD nach mehreren Hördurchgängen sogar richtig gut, zumal sich auch die Texte bei genauerer Betrachtung als gleichermaßen tiefgründig und humorvoll erweisen. Desolat? Von wegen. Eher ziemlich stabil, würde ich sagen. Gelsenkirchen ist noch nicht verloren.

Meine Bewertung

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.