Ich war mir vor dem Konzert ja nicht so sicher, ob meine Entscheidung, Martin als Begleitung mitzunehmen, die richtige war. Kennt Ihr solche Personen, die Sachen entweder richtig gut oder total scheiße finden? Ganz entgegen der Gaußschen Normalverteilung fehlt da das komplette Mittelmaß, während die Maxima völlig ausgeprägt sind. Jedenfalls, was Martins Musikgeschmack angeht. Mit gutem Postcore kann man ihm immer kommen, bei Emo läuft man jedoch Gefahr, dass melodische Passagen als „lahme Scheiße“ abgestempelt werden, und wie er heute auf CUBA MISSOURI reagieren würde, die grob kategorisiert ja in die RADIOHEAD-Richtung tendieren, war mir völlig unklar.
Zunächst duften aber weder ZUHAUSE (die auf der Logo-Homepage angekündigt waren), noch PAPPMACHÉ (die auf dem Monatsprogramm vor der Tür vermerkt waren) ran, sondern die uns gänzlich unbekannten PULT. Sie kamen aus Hamburg, und scheinbar waren die ca. 25 versammelten Zuschauer größtenteils ihretwegen da. Pluspunkte sammelten sie schon alleine mit dem roten BARKMARKET-T-Shirt des Sängers und Gitarristen. Wer solche Bands kennt und schätzt, kann kein schlechter Mensch sein!
Und tatsächlich waren PULT erstaunlich abwechslungsreich und gut. Irgendwo zwischen bluNoise’schem Schrammelpop, subpop und alternativen Tentakeln suchten sie stets den schmalen Grad zwischen Pop und Disharmonie, Anspruch und Verständlichkeit, LoFi und Akribie. Es gibt nicht viele solcher Bands, weder hier noch anderswo, und selbst wenn der kritische Martin an einigen Stellen Weltmusik-Einflüsse bemängelte, kann man ihnen dies aufgrund der Eigenständigkeit kaum ernsthaft ankreiden. Weiter so, Jungs, ihr seid auf dem richtigen Pfad!
Danach also CUBA MISSOURI, die im Vergleich zur Vorband doch noch eine Spur poppiger, aufgeräumter und auch pathetischer klangen. Der größte Teil der Setlist stammte vom neuen Album „Things i wish i had not called just things“, aber auch vom Debüt wurde noch so mancher Song zum Besten gegeben. Kam ich bei beiden Alben leider nicht drumrum, mich ein wenig über den fehlenden Abwechslungsreichtum beim Gesang zu beschweren, fiel dies heute kaum ins Gewicht. Martin zeigte sich sogar von Beginn an begeistert, und auch die restlichen Zuschauer, die die Band zuvor größtenteils wohl kaum kannten, applaudierten ordentlich. Ja, sie spielten wirklich präzise, keine Patzer, schöne Melodien, ein gekonnter Spannungsaufbau und bisweilen eine imposante Wall of Sound. Insbesondere das schnörkellose, aber trotzdem mitreißende Schlagzeugspiel wusste bei meinem Musiker-Kollegen zu gefallen. Damit hätte ich vorher nicht gerechnet. Ein gemütlicher Abend im überschaubar gefüllten Logo, sogar besser als erwartet, bleibt nur zu hoffen, das nächstes Mal mindestens doppelt so viele Zuschauer erscheinen. Und das sei beiden Bands gegönnt!