NEUROSIS hatten mir auf dem Maifeld Derby anschaulich gezeigt, dass sie in ihrer 33jährigen Karriere keinen Deut an Intensität eingebüßt haben, und nun schicken sich COILGUNS aus der Schweiz an, die alten Haudegen aus Oakland in Sachen Brachialität sogar noch zu toppen.
Dabei hatten die vier Schweizer anfangs gar nicht die Absicht, neben ihren zahlreichen anderen Bandprojekten eine Art „Hauptband“ aus der Asche zu heben. Dass es mit COILGUNS zu Beginn noch nicht so ernst war, erklärt vielleicht auch, warum sie bislang zwar schon vier EPs, aber erst einen Longplayer veröffentlicht haben. Doch gewann COILGUNS im Laufe der Zeit an Wichtigkeit, und so unterschrieben die Jungs kürzlich einen weltweiten Management-Deal und einen Booking-Deal für Europa und hängten im selben Atemzug ihre bisherigen Jobs an den Nagel. Meine Mutter hätte mich sicherlich eindringlich ermahnt, und objektiv betrachtet, klingt dieser Entschluss auch etwas vorschnell getroffen. Aber ich muss zugeben, dass mich COILGUNS mit ihrem Album „Millennials“ so sehr überzeugen, dass ich mir vorstellen könnte, dass sie ihre ambitionierten Pläne erfolgreich umsetzen werden. Denn „Millennials“ ist dermaßen laut, brutal und eindringlich, dass man sich nach einem Hördurchgang hinsetzt und fragt, was für ein Orkan da soeben über einen hinweggefegt ist und wie man das bloß überleben konnte. Dieses Werk muss man erst einmal verdauen und sacken lassen, bis man sich irgendwann gefestigt genug fühlt, es ein zweites Mal zu hören.
Dabei verwenden COILGUNS keinen Dicke-Hose-Moshparts, auch die Produktion ist nicht ungewöhnlich basslastig ausgefallen und die Instrumente sind nicht übertrieben tief gestimmt. Aber trotzdem verstehen es die Schweizer, ihre Musik im richtigen Maße dissonant und ernst zu gestalten und so mächtig übereinander zu schichten, dass einem kaum Zeit zum Luftholen bleibt. Ich bin noch immer erschlagen. Und schwer beeindruckt.