Muss man noch viel über Olli Schulz als Person verlieren? Seine Vita spricht für sich, seine Qualitäten als Entertainer sind bekannt. Als Singer/Songwriter hat er schon so einige Asse aus dem Ärmel geschüttelt. Selbst seine ironische Überhöhung grenzdebilen deutschen Liedguts („Mach den Bibo“) als Beitrag zu Raabs Bundesvision Song Contest 2009 schien seinen Weg schnurstracks in die Hall Of Fame der Hamburger Originale (Hans Albers, Ludwig Erhardt, Henry Vahl etc.) nicht aufhalten zu können. Doch der große musikalische Durchbruch blieb ihm bisher verwehrt. Auf seinem neuen Album „SOS – Save Olli Schulz“, wieder ohne seine alte Band, dem Hund Marie, lässt Olli nun gänzlich alle bisherigen musikalischen Zügel schleifen. Das Konzept der radikal minimalistischen Live-Aufnahme von akustischer Gitarre und Schlagzeug, ergänzt um nur wenige, ebenso spartanische Overdubs, in allen Ehren, aber wie so etwas klingen kann, konnte man gerade auf dem neuen Album von ANNA TERNHEIM begutachten. „SOS – Save Olli Schulz“ hingegen klingt nicht sonderlich brillant, das Schlagzeug meist pappig. Man muss sich schon Zeit nehmen und sich sehr konzentriert auf Texte und Themen der neuen Songs einlassen. Das macht dieses Album stellenweise zäher als es hätte sein müssen und dann eigentlich auch ist. Andererseits setzt sich Olli mit dieser intimen Wohnzimmeratmosphäre konsequent zwischen alle Stühle, pfeift auf die Erwartungen und dreht allen die Nase, die ihn lieber als stringenten Juxrocker sehen möchten. Ist man erstmal eingetaucht, finden sich doch die Perlen, die man vorab erwartet hat. „Wenn es gut ist“, „Ich kenn’ da Ein“, „Ich dachte, du bist es“, „Spielerfrau“ oder „H.D.F.K.K.“ stehen altem Material in nichts nach, nur dass sie jetzt nicht mehr nach Club und Party klingen, sondern nach Kneipe. Andere Songs, wie z.B. „Irgendwas fehlt“ oder „Schrecklich schöne Welt“, greifen die Stimmung des letzten Albums „Es brennt so schön“ auf und stehen wieder für klassisches Songwritertum. „Old dirty man“ mit Walter Schreifels und Gisbert zu Knyphausen als Chor ist eine wunderschöne Selbstreflexion und endet, wie auch „Koks & Nutten“, beim Rotwein im Ohrensessel. Egal, ob man nun mit diesem Olli seinen Frieden schließen kann oder doch lieber dem knarzigen Folkrocker nachtrauert, textlich ist Olli über jeden Zweifel erhaben und trotz seines gelegentlich recht schrägen Humors angenehm weit vom unerträglichen Klamauk à la DEICHKIND & Co. entfernt. Olli selbst wünscht sich sein neues Album übrigens als Hintergrundmusik für das Wartezimmer im Haus des Glücks. So gesehen passt dann doch alles.