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SOHN – Albadas

Zum Frühstück las ich gerade einen Bericht im aktuellen 11Freunde über die klimabedingt einwöchige Fußballsaison in Grönland – ein Wettbewerb, der eigentlich mehr Turnier als Liga ist. Beschrieben wurde, wie der Berghang die Haupttribüne des Stadions bildet und wie beschwerlich, aber zugleich idyllisch die Anreise für die teilnehmenden Teams ist. Während ich das las, lief im Hintergrund das neue Album von SOHN. Zufällig zwar, aber im Nachhinein stellte sich heraus: Es passte erstaunlich gut zusammen.
Denn mit der sogenannten IDM („Intelligent Dance Music“), mit der SOHN’s Sound früher oft etwas unbeholfen etikettiert wurde, hat „Albadas“ nur noch am Rande zu tun. Kein Gesang mehr, keine klassischen Songstrukturen – eher Klangräume und Atmosphären. Vielleicht lenkt genau das den Blick stärker auf die Musik von Christopher Taylor, dem Mann hinter SOHN. Ein gutes Stück entfernt also von „Tremors“, jenem Debüt, mit dem ich ihn 2014 erstmals wahrnahm. Wobei man sagen muss: Wirklich tanzbar war SOHN’s Musik ohnehin nie. Sie lebte schon immer mehr von ihrem cineastischen, klaren Sound als von Rhythmus oder Groove. Doch der Gesang verlieh diesem Stil eine gewisse Eingängigkeit, einen Wiedererkennungswert, der nun fehlt – oder besser gesagt: bewusst aufgegeben wurde.
Taylors neu gegründetes Label adaptpivotmove versteht sich als „Plattform für prozessorientierte, experimentelle Musik jenseits klassischer Songstrukturen“, wie es im Pressetext heißt. Und in dieses Konzept fügt sich „Albadas“ nahtlos ein. Wobei das Album weit weniger akademisch klingt, als diese Beschreibung vermuten lässt – vielmehr atmosphärisch, manchmal fast meditativ. Viele Stücke entstanden improvisiert: Taylor wollte, so erzählt er, flüchtige Stimmungen einfangen. Den Track „Let go“ etwa habe er genau in dem Moment aufgenommen, als die ersten Sonnenstrahlen ins Studio fielen. Und tatsächlich klingt er wie ein sanftes Erwachen – Klänge, die sich langsam entfalten und den Raum füllen. Während ein Track wie „Ascent“ fast bedrohlich wirkt.
„Albadas“ ist sicherlich kein Album, das jedem SOHN-Fan automatisch gefallen wird. Aber es ist ein stilles, konzentriertes Werk, das eine andere Seite des Künstlers zeigt – eine, die weniger auf Form als auf Gefühl setzt. Und vielleicht liegt genau darin seine Schönheit.

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