THE MOTH. Das ist nordisch-kühler Sludge Metal. Oder, um die Band (bzw. deren neues Label Exile on Mainstream) zu zitieren: „KIM WILDE meets BOLT THROWER.“
Auch wenn diese augenzwinkernde Selbstbeschreibung in meinen Augen nur bedingt zutrifft: Genre-Freund:innen wissen vermutlich, was sie erwartet, sind THE MOTH doch keine Unbekannten mehr in der Szene. Alle anderen können sich überraschen lassen.
Der Sound des Vorgänger-Albums „Hysteria“ spaltete die Geister: Ruppig, rau und nahezu unproduziert wurde der noisige Bastard aus Sludge und Doom entweder zerrissen oder aber in den höchsten Tönen gelobt. Zugegeben: Mein Lieblingsalbum des Hamburger Power-Trios ist es auch nicht. Dementsprechend bin ich froh, dass der neue Langspieler namens „Frost“ wieder etwas ausgefeilter produziert wirkt. Und das, obwohl die Platte innerhalb von nur 24 Stunden eingespielt worden sein soll. Aufgenommen und gemischt hat das Ganze Jose Lorenzo, das Mastering kam von Timo Höcke, der schon dem letzten MANTAR Album (und dessen rohem Alternativ-Mix) seinen Stempel aufgedrückt hatte.
Aber zurück zu den Motten: Bassistin Cécile und Gitarrist Freden singen mal gemeinsam, mal einzeln, mal gegeneinander. Das ist – wie auch schon auf den Vorgänger-Alben – einerseits gewöhnungsbedürftig, andererseits aber auch prägend für den Sound der Band. Textlich zeigen sich THE MOTH 2023 offener und verletzlicher als früher: Schicksalsschläge, Trauer und Frust ziehen sich als wiederkehrende Themen durch die Platte, brachial und bedrückend vertont. Und ab und eben auch – frostig.
Der Opener „Me, myself & enemy“ etabliert den typischen Motten-Sound und wird vermutlich auch live ziemlich gut nach vorne gehen. „Hundreds“ wartet mit poppigen Gesangslinien auf, der Titeltrack „Frost“ zieht mit mahlstromartigen Gitarren in den Bann. „In the city“ und der letzte Track „Silent“ kommen auf einmal mit unerwarteten Keyboards oder Synth-Einschüben daher. Überraschend, aber erstaunlich passend! „Dust“ walzt alles nieder, was sich ihm ihn den Weg stellt. Und unter allem knurrt, wabert, scheppert und krächzt der Bass-Sound von Cécile. Neben dem Gesang noch so ein THE MOTH-Trademark, das man nicht mehr missen möchte, sobald man sich einmal dran gewöhnt hat.
„Frost“ will nicht unbedingt gemocht werden und zündet nicht direkt beim ersten Hördurchgang – man muss sich das Album erarbeiten. Dann aber entfaltet es bisweilen eine hypnotische Sogwirkung. „Im guten Sinne sperrig“ ist vielleicht die beste Beschreibung für den Sound von THE MOTH: Nicht gerade leichte Kost; „Frost“ ist sicherlich kein Album für jedermann. Für Freunde brachialer Gitarrenmusik mit Hang zur Kauzigkeit aber unbedingt empfehlenswert!