Was wird kommen nach „Medulla“, diesem schwer verdaulichen Brocken Musik, der ganz und gar nur aus Stimme bestand? Führt ein Weg zurück zum Pop, wenn man ihn einmal verlassen hat? Wenn dieses Album die Antwort geben sollte, so würde ich sagen „tendenziell nein“, doch sei dies schon einmal vorausgeschickt: Etwas eingängiger ist es auf jeden Fall geworden.
Glücklicherweise, muss man sagen, wandelt BJÖRK aber immer noch weitab der alten ausgetrampelten Pfade, das wird gleich im ersten Song „Earth intruders“ deutlich, einem sehr eigenwilligen, widerspenstigen Stück Elektronik, das mit produziert wurde von TIMBALAND, den BJÖRK hier gleich für drei Songs gewinnen konnte. Ihm folgt das grandiose „Wanderlust“, das ebenfalls von einer sehr sterilen, kalten Elektronik beherrscht wird und das einen ersten Höhepunkt auf diesem Album darstellt.
„The dull flame of desire“ schließlich ist ein traumhaft schönes Duett mit Anthony Hagerty, dem Anthony von ANTHONY AND THE JOHNSONS, der auf dieser Platte noch ein weiteres Mal zu hören ist. Sicherlich der stärkste Song auf dem Album.
Wie es für BJÖRK üblich ist, könnte hier über jeden Song einzeln referiert werden, ist jeder für sich eine selbständige, lebendige Zelle im eigenen Kosmos der kleinen Isländerin mit der gigantischen Stimme. Wie immer lässt sie sich auch mit diesem Album nicht fassen, macht sie, was sie will und scheut, wie in „Declare independence“ auch vor Elektro-Punk der Marke ATARI TEENAGE RIOT nicht zurück.
Ganz gleich, ob Soundtrack, Gute-Nacht-Lied oder Elektro-Brett, BJÖRK bleibt über jeden Zweifel erhaben und hat hier wieder einmal ein zeitloses Stück Musik geschaffen, das ihrer Stellung als Ausnahmekünstlerin in vollem Maße gerecht wird, ohne dabei aber zu verkopft oder abgehoben zu sein, sondern sich im Gegenteil wunderbar genießen lässt. Auch wenn das Jens bestimmt wieder viel zu anstrengend findet.