WHORES & THIEVES – Anti echo chamber

Ein alkoholgeschwängerter Trip durch die nächtlichen Straßen von Kopenhagen kann sich eigentlich nicht großartig anders anfühlen als das, was wir auf „Anti echo chamber“ hören. Rotziger, live eingespielter Gitarrenrock, bei dem man Asphalt atmet und das Blut pumpen hört. Ob nun beim derben Opener „Digging holes“ oder beim direkten Nachfolger „Hollow drive“, aus dem manch ein Produzent sicherlich mit seinen Reglern noch ein paar nette Popmelodien herausgezaubert hätte, der so aber einfach nur wunderbar schmutzig ist, WHORES & THIEVES geht jede Form der Angepasstheit ab, hier darf es liederlich, dreckig, aber eben auch grundehrlich sein. Die Dänen schmeißen die Gitarren auf den Grill, wenden sie im eigenen Sud und erzeugen ein Rockmenu, nach dem man sich als vom glattgebügelten Möchtegernrock geschundenen Hörer die Finger mehrfach leckt. Vielleicht könnte man sie als die versauten, verzogenen Brüder von FRISKA VILJOR bezeichnen, auf die die ganze Familie leicht abwertend blickt, was den Herren aber komplett egal ist. Auf diesem Album geht es nur um eines: Rock aus vollem Herzen. Und Indie darf er gerne auch noch sein. Jedes Herumgefummele an Knöpfen, um das Ergebnis etwas weicher klingen zu lassen, wäre hier völlig fehl am Platze gewesen. Hier dürfte das Herz eines jeden NIRVANA-, QOTSA- oder DANKO JONES-Fans höher schlagen, Freunde der 70er Rockgrößen kommen auf ihre Kosten und auch die Befürworter der handgemachten unabhängigen Gitarrenmusik werden hier wunschlos glücklich. Und spätestens bei „Old man´s war“ finden wir uns dann alle auf der Tanzfläche wieder, verschwitzt strahlend. Klar, so was kommt dann wieder aus Skandinavien. Wie „verwunderlich“.

Simon-Dominik Otte

Mensch. Musiker (#Nullmorphem). Schauspieler (#BUSC). Rezensent (#blueprintfanzine). Come on, @effzeh! AFP-Fan. (#Amandapalmer). Lehrer. Und überhaupt. Und so.