Manche Leute meinen ja, die Location ist für ein Konzert nicht entscheidend – es gehe einzig und allein um die Musik. Wer jedoch schon mal ein euphorisches Konzert auf der engen MS Hedi gesehen hat, der weiß, dass dasselbe Konzert in einem halbvollen Club ganz anders rüberkäme. Nun sollte man meinen, dass sich das Hafenklang und der Kleine Donner nicht allzu sehr voneinander unterscheiden. Beide Clubs sind nicht zu groß und nicht zu klein, eher dunkel, und beide ziehen ein alternatives Publikum an. Vor zwei Jahren spielten VESSELS auf der „Dilate“-Tour im Hafenklang an der Elbe, heute war der Kellerclub des Haus 73 im Schulterblatt an der Reihe. Just erschienen ist ihr viertes Album „The great distraction„, das sich musikalisch auch nicht grundlegend vom Vorgänger entfernt hat. Soll heißen: die Math Rock/Postrock-Wurzeln liegen nach wie vor in der Vergangenheit, stattdessen wurden die ekstatischen Club-Sounds weiter ausgebaut. Entsprechend sollte man meinen, dass sich das heutige Konzert nicht allzu sehr vom Gig im Hafenklang unterscheiden dürfte, und doch hatte ich ein komplett anderes Grundgefühl.
Vielleicht muss man weiter ausholen: als die Band aus Leeds mit ihrem dritten Album Neuland betrat, war das Publikum gespannt, wie die Briten den Wechsel in Richtung elektronische Musik live umsetzen würden. Mittlerweile sind VESSELS fest in der Elektro-Szene verankert. Zwar stehen nach wie vor sehr viele verschiedene Instrumente auf der Bühne, und die musikalische Weiterentwicklung verlangte, dass aus dem damaligen Schlagzeuger, Bassisten und Gitarristen inzwischen Multiinstrumentalisten geworden sind. Doch sehen wir davon ab, dass gelegentlich noch eine Gitarre zum Einsatz kommt und die Beats nicht vom Drumcomputer, sondern von einem analogen Schlagzeug stammen. Im Grunde hatten wir es heute Abend mit einem reinen Elektrokonzert zu tun, musikalisch nicht allzu weit weg von einem DJ-Set. Das von der Band selbst mitgebrachte Lichtequipment unterstützte diese Wahrnehmung, und irgendwie fühlte ich mich wie auf einer Boiler Room Session, die tanzenden Gäste in den ersten Reihen inklusive. Passend dazu bestand auch die Setlist ausschließlich aus Material der letzten zwei Jahre – Ausnahme bildete das synthielastige Stück „The sky was pink“. Dies alles sei der Band gegönnt, und Elektroniker Peter Wright betonte mehrfach, wie toll es sei, wieder in Hamburg zu spielen, wo die Band schon seit Jahren herzlich empfangen worden sei. Und doch hatte ich das Gefühl, dass dies nichts mehr für mich ist. Vielleicht auch einfach too old to die young.