Wie explosiv die politische Lage im ehemaligen Jugoslawien auch gut 15 Jahre nach der offiziellen Beendigung des Balkankonfliktes ist, hat letztens wieder das EM-Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien gezeigt, wo eine per Drohne eingeflogene Fahne mit Abbildung Großalbaniens zu Tumulten, Spielabbruch und zu guter Letzt gar zu diplomatischen Verstimmungen geführt hat. Aus deutscher Sicht kann man über durch derartige symbolische Provokations-Kinkerlitzchen verursachte Emotionsausbrüche nur den Kopf schütteln, doch die komplexen religiösen, ethnischen und ökonomischen Ursachen, auf denen das Zerwürfnis der verschiedenen Balkanrepubliken beruht, sitzen bis heute wie ein Stachel im Fleisch der dortigen Bevölkerungsgruppen.
Eines der Länder, die am meisten unter den direkten Folgen des Krieges zu leiden haben, ist Bosnien-Herzegowina. Von hier stammt mit DUBIOZA KOLEKTIV eine der bekanntesten Bands aus der Balkan-Region. In einem Land, durch das sich trotz seiner mittlerweile erlangten Unabhängigkeit aufgrund seiner Bevölkerungsstruktur aus Serben, Kroaten und Bosniern nach wie vor gesellschaftliche Gräben ziehen, und das ebenso unter seiner schlechten Wirtschaftssituation wie unter Korruption leidet, versucht das Musikerkollektiv seit seiner Gründung im Jahre 2003 eine versöhnende Funktion einzunehmen, indem es in seinen Liedern nicht nur die Situation in seiner Heimat thematisiert, sondern auch eindeutig gegen Rassismus, Nationalismus und Intoleranz Stellung bezieht. Dass sie mit ihren Botschaften tatsächlich auch ihre Landsleute erreichen, bewies alleine schon der Umstand, dass von den geschätzten 400 Besuchern ihres Konzertes in der Hamburger Fabrik ungefähr die Hälfte tatsächlich ursprünglich aus der Heimat der Band zu stammen schien, denn die zumeist in Bosnisch gehaltenen Songs von DUBIOZA KOLEKTIV wurden aus dermaßen vielen Kehlen textsicher mitgesungen, dass die Band während ihrer Ansagen immer wieder vom Englischen zurück in ihre Heimatsprache verfiel. Generell bewiesen sich die sieben komplett in schwarz-gelbe Trikots gekleideten Musiker als großartige Entertainer, die immer wieder mit Gags und kleinen Publikumsspielchen für Stimmung sorgten und ihren wilden Mix aus Reggae, HipHop, Ska, Rock und osteuropäischer Folklore mit einer enormen Spielfreude rüberbrachten. Aber mal im Ernst – man muss schon ein absoluter Partymuffel sein, um sich von Stücken wie „Kazu“, „Tranzicija“ oder „Euro Song“ nicht anstecken zu lassen. Das große Stimmungsfinale bildete das an FATBOY SLIMs „Funk soul brother“ angelehnte Stück „Balkan funk“, welches quasi die inoffizielle Band-Hymne darstellt und in einer ausschweifenden Version zum Besten gegeben wurde. Spätestens hiernach dürfte kein T-Shirt im Saal mehr trocken gewesen sein. Bleibt zu hoffen, dass sich die Qualitäten von DUBIOZA KOLEKTIV weiter rumsprechen, damit die Band als Friedensbotschafter ihres Landes auch weiterhin einen kleinen Teil zur Verbesserung dieser irren Welt beitragen kann.