Zappalot! Holla die Waldfee! Heureka! Na sowas! Potzblitz!
Schwierig, seine Begeisterung in Worte zu fassen, wenn man eigentlich schon vor dem Erscheinen einer Platte weiß, dass es sich dabei voraussichtlich um das persönliche „Album des Jahres“ handeln wird.
Vielleicht probiere ich es mit den Worten einer umtriebigen Promo-Agentur, die gerne mit Adjektiven um sich wirft, die mich jedes Mal schmunzeln lassen, weil sie so szeneuntypisch, ja fast boulevardesk klingen:
„Berlins Extrem-Postcore-Newcomer bitten um Eure Aufmerksamkeit“, „Hier kommt die neue Post-Hardcore-Attacke“ oder „Das neue Indie-Postpunk-Alternative-Hit-Feuerwerk von VAN URST ist da“.
Na, überzeugt?
Ich hole mal etwas weiter aus: Es war an einem Vatertag im Jahre 2011, als wir leicht angetrunken in die Astrastube stolperten. Dort spielte im Vorprogramm von FUTURE FLUXUS eine Band aus Berlin, JAGODA, die mir sehr gefiel und wo mir die Musiker teilweise nicht ganz unbekannt vorkamen. Im Nachhinein erfuhr ich, dass sie zuvor unter anderem bei KATE MOSH, MASONNE und DAS ZUCKENDE VAKUUM mitspielten. Wer die Anfänge von Sinnbus mitverfolgt hat, wird sich sicherlich erinnern. Aus JAGODA wiederum sind vor ein paar Jahren VAN URST hervorgegangen, die ursprünglich nur als Coverband für eine Hochzeit zusammengewürfelt wurden. Mal nebenbei: was für eine Bandgeschichte!
Da das Covern von Bands aber nichts für die Dauer ist und die Musiker dafür auch viel zu gut sind, wurden erfreulicherweise bald eigene Songs geschrieben. Und die können sich wahrlich sehen lassen. In diesem Fall lohnt es sogar, die zahlreichen Nebenprojekte und vorherigen Bands der Mitglieder zu erwähnen, weil sie einen Eindruck davon geben, wie das Gemisch klingt: JAGODA, FUTURE FLUXUS, KATE MOSH, SDNMT, ROTOR und PETERS.
Das Ergebnis bewegt sich in der alten Sinnbus-Schule zwischen Indie, Postcore, Postrock und Noise, und das auf einem Level, wie man es sonst selten findet. Technisches Können blitzt zwar immer wieder durch, wurde aber songdienlich in den Hintergrund gestellt, und so kann man sich vor allem an den Wechseln von Laut-Leise, melodischen Indie-Passagen und krachigen Walls of Sound und einem Auf und Ab an Dynamiken freuen. Hier passiert spielerisch richtig viel, wobei zumeist jede einzelne Passage so wunderbar ist, dass man sie problemlos auch auf Songlänge hätte strecken können. Aber das machen VAN URST zum Glück nicht, und so beglücken die tollen Ideen und Arrangements, die bei aller Kreativität nie überfordern, da der rote Faden des Songs nie aus den Augen verloren wird. Den letzten Schliff verpasste Hauke Albrecht (TURBOSTAAT, CAPTAIN PLANET, YACHTEN) diesem Album, das weder überproduziert noch zu lofi klingt. Hier stimmt einfach alles! Wahnsinn! Wie bereits vermutet: Album des Jahres!