Nach der „Honeymoon“-Single war für zwei Jahre erst mal Ruhe, bis im Sommer mit „Atlantic living“ endlich der Nachfolger in Form eines Full Length erschien. Die Rede ist von THE PLANE IS ON FIRE, einer Band aus Nürnberg, die sich musikalisch voll und ganz dem New Wave/ Discopunk im Stile von THE RAPTURE, GANG OF FOUR usw. mit einer Prise Indierock verschrieben hat. Hervorgegangen ist TPIOF übrigens aus der Band CYAN, in der u.a. Thomas Lang (nun Sänger von THE ROBOCOP KRAUS) mit dabei war. Ihr Debüt-Album wurde auf CD (Records & Me) und auf weißem Vinyl, plus beiliegendem digitalem Downloadcode (San Santino Records) veröffentlicht, aber auch ohne Kaufabsichten steht das komplette Album dem geneigten Hörer online zur Verfügung. Grund genug für Blueprint, mit Steven (Bass, Synthie, Gesang) und Matthias (Schlagzeug) via Mail ein paar Fragen über die sozialwirtschaftliche Veröffentlichungspolitik, die Herangehensweise an die Musik, den ewigen ROBOCOP KRAUS-Vergleich und dem Örtchen Hersbrück als scheinbarer Quelle des hiesigen New Wave auszutauschen.
[F] Auch wenn es euch ja nicht erst seit gestern gibt, habt ihr mit Discopunk ja momentan einen schweren Stand, da dieses Genre in den letzten Jahren doch sehr ausgeschlachtet wurde. Merkt ihr das an euren Reviews? Wie steht euch das Publikum diesbezüglich gegenüber?
[A] Steven: Ich habe vielleicht nicht so den Überblick, was gerade ausgeschlachtet wird, aber sollten gerade Bands mit einem ähnlichen Sound super erfolgreich sein, habe ich nicht den Eindruck, dass sich das direkt auf unsere Konzerte oder Reviews auswirkt, einfach weil wir keine von den Riesenbands mit Major-Deal sind. Ist ja eine andere Liga.
[F] Wenn man eure Songs nicht nur oberflächlich hört, stellt man schnell fest, dass ihr ein hohes Hit-Potential an den Tag legt. Ist euch dieses Talent mit in die Wiege gelegt worden, oder bastelt ihr lange an den Songs dran herum, bis sie so eingängig und gleichzeitig tanzbar werden?
[A] Steven: Mitunter basteln wir schon lange an einzelnen Liedern herum, bis wir völlig damit zufrieden sind. Manchmal geht es aber auch recht schnell. Es hat ja jeder zu Beginn eine andere Vorstellung davon, was bei einem Song herauskommen soll, und es geht darum, einen gemeinsamen Nenner zu finden, die besten Ideen herauszusuchen. Tanzbar wird es wahrscheinlich am ehesten, weil wir noch gerne Musik anhören und Konzerte anschauen, bei denen man selber tanzen will.
Matthias: Dadurch, dass jeder seine Ideen einbringt, kommen auch oft unterschiedliche Ansätze für die Vocals raus. Oftmals versuchen wir, die dann alle zu integrieren, und es kommen schöne mehrstimmige Sachen dabei raus, die ja auch immer recht poppig sind.
[F] Bei euch scheinen sich analoge und digitale Instrumente in etwa die Waage zu halten. Wie geht ihr beim Songwriting vor?
[A] Steven: Meistens jammen wir zusammen rum, und wenn es sich gerade gut anhört, nehmen wir es mit einem Kassettenrecorder auf. Mit manchem dieser Ideen machen wir dann weiter und arrangieren ein fertiges Lied. Oft haben wir aber auch ganz viele dieser angefangenen Songs, und kriegen keines fertig, weil eine entscheidende Zutat einfach nicht zu finden ist.
Die Synthies sind noch gar nicht so lange dabei, es war aber total spannend, damit rumzuprobieren, und sie machen unheimlich Spaß zu spielen. Gerade bei den Aufnahmen zum Album haben wir später hier und da noch Synthesizer hinzugefügt, weil es gut passte. Übrigens nicht unbedingt digital, sondern analog!
[F] Ich habe den Eindruck, dass man bei euch neben aktuellen Synthie-Sounds auch eine Menge alten Indierock heraushören kann. Wen würdet ihr selber als Einfluss nennen?
[A] Steven: Bei mir persönlich wahrscheinlich Bands wie THE PROMISE RING und ältere Emo-Sachen.
Matthias: Geht mir ähnlich, THE VAN PELT oder THE LAPSE. Mir gefallen aber auch die ganzen alten PAUL SIMON-Sachen. Das hat mich bestimmt auch stark beeinflusst.
[F] Euer Artwork zum neuen Album ist in der Presse zum Teil gelobt, zum Teil kritisiert worden. Kann es sein, dass da eine bewusst ironische Aussage eurerseits bisweilen missverstanden wurde?
[A] Steven: Da ich das Artwork selber gemalt habe, interessiert es mich natürlich besonders, was die Reaktionen sind, und ich habe tatsächlich schon das Unterschiedlichste gehört. Ich habe schon manchmal den Eindruck, dass Leute die Ironie und die Zitate nicht gleich verstehen, weil sie den Kontext nicht sehen. Finde ich aber nicht weiter schlimm, wir versuchen ja auch nicht, Musik zu machen, die möglichst jedem gefällt und möglichst leicht verdaulich ist. Alles außer Gleichgültigkeit ist für mich okay. Mich interessieren auch selber Bands mehr, die keine weichgespülten Wischi-Waschi-Sachen machen, sondern etwas spezieller sind. Musik und Kunst, die allgemeines, leichtes Wohlbefinden auslösen will, ist für mich eher überflüssig.
Und wo kämen wir denn hin, wenn das Cover eines Rock-Albums jedem gefallen müsste? Ist Konformismus die neue Rebellion?
[F] Mit San Santino Records seid ihr ja in Form eures Drummers direkt verstrickt. Warum bringt ihr dort nur die LP-Version, nicht aber die CD heraus?
[A] Steven: Nun, die Leute hinter San Santino lieben alle Vinyl so sehr, dass sie niemals eine CD machen würden. Finde ich fast ein wenig schade. Soll aber unser Drummer Matthias selber erklären.
Matthias: Die ganze Musikindustrie kriselt, und wenn man will, dass die Leute weiterhin Geld in die Hand nehmen, muss man einfach was Schickes verkaufen. Und was ist schöner, als ein sich drehendes Stück Plastik, aus dem Musik rauskommt. Wir wollen uns da als Label bewusst etwas absetzen, und irgendwie klappt es auch, weil man immer darauf angesprochen wird.
Klar, Vinyl hat Nachteile, dabei sehe ich jetzt weniger den Nachteil darin, dass es in der Herstellung teurer ist, als dass man die analoge Musik nicht immer verfügbar hat. Aber dadurch, dass wir unseren Platten einen Downloadcode für alle Lieder als MP3 mit beilegen, können wir das sauber umgehen. Sind wir da das erste deutsche Label, dem das gelungen ist? Ich kenne zumindest kein anderes.
[F] Mit YUCCA, THE AUDIENCE, THE ROBOCOP KRAUS und Euch kommen eine Menge ähnlich klingender, sehr tanzbarer Indierock-Bands aus der fränkischen Gegend. Wie erklärt ihr euch das?
[A] Steven: Nun, wir kennen uns ja untereinander alle gut, kommen doch fast alle aus Hersbruck, vielleicht gibt es da echt eine Connection. Wir sind ja früher immer auf die gleichen Konzerte gegangen und haben uns auch gegenseitig sicher beeinflusst. Ist heute wohl weniger so, aber damals hat man ja fast von allen coolen Bands über die Freunde erfahren, sich Platten ausgeliehen und so weiter. Wobei ich gar nicht finde, dass diese drei Bands so ähnlich klingen, aber vielleicht auch nur, weil ich sie so gut kenne.
[F] Ihr habt mit einem Teil der Robos vor den beiden aktuellen Bands zusammen musiziert. Ist euch diese ROBOCOP KRAUS-Connection eher hilfreich oder lästig?
[A] Steven: Wie sollte das lästig sein? „Hilfreich“ ist es aber auch nicht. Vielleicht mal eine Show oder zwei bekommen, weil man sich halt kennt, wäre aber auch schon alles.
[F] Im Gegensatz zu vielen aktuell sehr angesagten Bands scheint ihr beim Bühnen-Outfit nicht so viel Wert auf ein besonderes Styling zu legen. Habt ihr euch bewusst dagegen entschieden?
[A] Steven: Neulich hatten wir fast alle mal blaue Hemden an. Ich finde es gar nicht schlecht, wenn eine Show auch den Performance-Charakter hat, aber es steht und fällt sicher nicht mit den Klamotten.
Matthias: Ich hatte keins an, jawohl!!! Ich glaub der Grund warum wir kein Bühnen-Outfit haben, ist allein der, dass wir uns noch auf keines einigen konnten.
[F] Auf eurer Homepage habt ihr einen Link angebracht, wo euer komplettes Album angehört werden kann. Befürchtet ihr da nicht, dass euch die Käufer ausbleiben, insbesondere, was die offiziellen Downloads betrifft?
[A] Steven: Wenn jemand das Album nicht kauft, nachdem er es ganz angehört hat, dann ja wohl, weil es ihm nicht gefällt. In welchem Fall ich es auch viel besser finde, dass er es nicht gekauft hat, in der Erwartung, etwas anderes zu bekommen. Das beste Argument für unser Album sind nun mal die Lieder darauf, deswegen sollte diese sich jeder anhören können. Im Plattenladen kann man ja auch alle anhören und in Ruhe entscheiden. Diese 30-Sekunden-Schnipsel auf amazon und so weiter machen mich total fertig. Wieso etwas vom Album künstlich verstecken?
[F] Was war das bisher beste Erlebnis in der Bandgeschichte?
[A] Steven: Die besten Erlebnisse sind definitiv immer die Konzerte, die Tage auf Tour. Bei netten Leuten in schönem Rahmen eine Show spielen. Manchmal ist es auch nur so lala, aber dann kommt wieder ein Gig oder eine ganze Tour, wovon man noch Monate zehrt.
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