Ich gebe zu, dass ich mir im Vorfeld die Frage gestellt habe, ob ich für das Blueprint-Fanzine tatsächlich einen weiteren Konzertbericht von THE GASLIGHT ANTHEM schreiben soll. Immerhin hat unser kleines Onlinemagazine in den vergangenen drei Jahren die Liveaktivitäten dieser famosen Band bereits des Öfteren protokolliert. Lasst mich kurz nachzählen: Da wäre erstmal ein Bericht aus San Diego aus dem Jahre 2007, dann einer aus dem Hafenklang Exil 2008, und die ausverkaufte 2009er-Tour wurde in Form von Berichten aus Hamburg und dem niederländischen Groningen sogar im Doppelpack gewürdigt. Sollen wir nun tatsächlich erneut über die mittlerweile zu "Everybodys Darling" beförderte Musikformation berichten und dabei womöglich Gefahr laufen, als inoffizielle Fanpage der New Jersey-Boys abgestempelt zu werden? Die Antwort lautet nach reichlicher Überlegung: Ja, verdammte Scheiße noch mal! Denn THE GASLIGHT ANTHEM haben inzwischen mit "American slang" nicht nur ein weiteres Album veröffentlicht, auf dem sie ihren Sound vom Punkrock kommend hin zur (Bruce) Springsteenisierten Rock-Ballade konsequent fortgesetzt haben, sondern sie gehören ungeachtet ihres mittlerweile nicht mehr zu leugnenden Erfolges immer noch zu den sympathischsten und authentischsten Bands unserer Zeit. Wenn sich also irgendjemand die regelmäßige Berichterstattung in unserem unabhängigen Fanzine redlich verdient hat, dann sind es in meinen Augen eindeutig Brian Fallon und seine Kollegen.
Als wir die bereits seit Wochen ausverkaufte Große Freiheit 36 erreichten waren die SHARKS mit ihrem Auftritt leider bereits fertig und CHUCK RAGAN betrat gerade die Bühne. Der HOT WATER MUSIC-Frontmann hatte zur Verstärkung Jon Gaunt, den Geiger seines Vertrauens, im Schlepptau, während sein in Hamburg lebender Haus- und Hof-Bassist Digger Barnes zu meiner Überraschung nicht mit von der Partie war. Doch auch ohne Kontrabass konnte das Duo überzeugen, und nicht zuletzt dank Chucks unglaublich kraftvoller Stimme lieferten die beiden einen mitreißenden Auftritt ab und wurden vom Publikum dementsprechend mit reichlich Applaus bedacht.
Als nach einer kurzen Umbaupause THE GASLIGHT ANTHEM loslegten, war die Halle dementsprechend auf optimaler Betriebstemperatur. Wie viele andere auch habe ich mich anfangs mit ihrem aktuellen Album "American slang" etwas schwer getan, doch mittlerweile haben mich Songs wie "Stay lucky", "Bring it on" oder "Orphans" endgültig überzeugt, und vor allem live harmonieren diese Songs prächtig mit den Stücken der beiden vorherigen Longplayer. Vor allem das auf Platte etwas verloren wirkende "We did it when we were young" entfaltet live voll und ganz seine Wirkung und sorgte für eine regelrechte Gänsehautatmosphäre. Daneben wurde erwartungsgemäß viel vom "The 59 Sound"-Album gespielt, während die Freunde der älteren Stücke leider ein wenig zu kurz kamen. Immerhin fanden mit "We came to dance", "Blue jeans & white t-shirts”, "Senor & the queen” und "Wooderson” noch einige Frühwerke den Weg ins Programm, doch insgesamt wurde deutlich, dass sich THE GASLIGHT ANTHEM von ihrem Punkwurzeln weitestgehend emanzipiert haben. Umso mehr lässt sich die diesjährige Tour als Eroberungsfeldzug für ihren neuen Sound bezeichnen, denn zumindest dieser Abend in Hamburg wird mit Sicherheit das Eis zwischen dem einen oder anderen Fan und den neuen Songs gebrochen haben. Und so ich bin mir im Endeffekt auch ziemlich sicher, dass dies hier nicht der letzte Konzertbericht dieser außergewöhnlichen Band beim Blueprint-Fanzine gewesen ist.