„03 November 20.11 Uhr: Im Chavis, Ecke Seilerstraße, ist grad ´n Konzert. Lust?“ … liest es sich in meinem Posteingang. Ich denke mir: „Hmm, klar, wieso eigentlich nicht.“ Puschen ausgezogen, Vans angezogen, leicht verwischtes Tages-Make-up nachgelegt und los.
Wenig später den Laden betreten. „Oh, ich stehe auf der Bühne“, mein erster Gedanke. Mein zweiter: „Das tun doch alle hier.“ Das kleine Café ist bis auf den letzten Platz gefüllt, auf dem Boden schlängelt sich ein Lichterschlauch, dahinter drei Musiker vor der Bar. Es fühlt sich ein wenig so an als wären wir bei einem von ihnen im Wohnzimmer. Auf den Tischen brennen Teelichter, in den Schatten kann man mitwippende Menschen erkennen. Lachende, nachdenkliche, interessierte, kennende, unwissende. So wie ich, denn ich habe immer noch keinen blassen Schimmer, wer diese Band ist. Ich weiß nur, dass sie mir gefällt.
Nach zwei Stücken denke ich mir, man nehme 750g Thees Uhlmann, 400g Marcus Wiebusch, 125g BLUMFELD und eine Prise GISBERT ZU KNYPHAUSEN. Das Ergebnis ist eine Tendenz, denn das, was ich sehe, ist ICH UND MEIN TIGER.
Das fröhliche Trio aus Bremen ist aktuell auf Deutschlandtour, um sein neues Album „Und all die anderen Leben“ vorzustellen.
Wenn man die drei sieht, unterstellt man ihnen zunächst alles und genauso nichts. Alternative Jungs mit Gitarre und einer mit Kontrabass. Sie wirken ein wenig introvertiert. Aber sie sind alles andere, nur nicht das. Sie singen fröhlich aus dem Herz und aus der Seele der Menschen und das auf eine unglaublich nette und ehrliche Art und Weise. Ein besonders schöner Beweis für meine Theorie ist das Lied „Bahnhof“. Lebenswertes am Puls der Zeit in 2 Minuten 36 Sekunden. Ich weiß nicht, wie man es besser hätte erklären können als so.
Auf ihrer Homepage sagen Sebastian, Niklas und Richard über sich selbst „Rückt ein bisschen zusammen im Taschenlampenschein, wir spielen weiter. Unser Strom kommt von innen, wir finden die Wörter und Töne auch im Dunkeln und leuchten gern für euch die Wege ab; gehen müsst ihr sie selber.“
Und ich bin mir sicher, jeder, der an diesem Abend das Café verlassen hat, kann das nachvollziehen. Man bemerke, ICH UND MEIN TIGER haben mit Sicherheit kein Mainstreampotenzial, aber das ist auch gut so, denn so bleibt diese kleine, ehrliche und echte Musikgruppe viel greifbarer und sympathischer für uns.