Als die TERRORGRUPPE im November 2005 ihre Auflösung bekannt gab, konnten die Berliner auf eine turbulente Bandgeschichte zurückblicken. Gerade in ihren Anfangstagen war die Provokation fester Bestandteil ihres Daseins: Egal ob reger Speichelaustausch und entblößte Geschlechtsteile sowie die Zweckentfremdung von Verhütungsmitteln durch nasale Einführung auf der Bühne, die regelmäßige Beschimpfung des Publikums oder gezieltes Überschreiten der Political Correctness-Grenze: Das Repertoire an willkürlichen Anstandsentgleisungen der Band war mindestens so groß wie die XXL-Portion Hedonismus, die die TERRORGRUPPE in ihren Texten an den Tag legte. Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deswegen, erfreute sich die Band von Beginn an einer außerordentlichen Beliebtheit in der Punkszene, denn die TERRORGRUPPE füllte mit ihren Stil genau die in den frühen Neunzigern klaffende Lücke zwischen dem starren Polit-Deutschpunk auf der einen und handzahmen Fun-Punk auf der anderen Seite. Dementsprechend schlug das Debütalbum "Musik für Arschlöcher" ein wie eine Bombe und legte zusammen mit dem Nachfolger "Melodien für Milliarden" den Grundstein einer erstaunlichen Punkrock-Karriere. Es folgten zahlreiche weitere Konzerte sowie diverse skurrile Auftritte in Talkshows wie "Arabella" oder "Vera am Mittag", die die Band einerseits geschickt für Werbung in eigener Sache nutzte und zugleich mit den erhaltenen Studiogast-Gagen die stets klamme Bandkasse aufstockte. Im Laufe der Zeit wurde die Bandzusehends populärer, es wurden weiterhin hunderte von Konzerten und Festivalauftritten abgerissen, und zwischenzeitlich schielte die TERRORGRUPPE sogar über den großen Teich, was sich auch im rein englischsprachigen Best of-Album "Über America" und dem auf Epitaph Records erschienenen Longplayer "1 world, 0 future", welches neben deutschsprachigen Liedern auch eine handvoll Tracks mit englischen Texten enthält, wiederspiegelte. Doch der zunehmende Erfolgt hatte auch seine Schattenseiten: Nachdem bereits 1998 ein personeller Wechsel am Schlagzeug vollzogen wurde, machten sich auch bei anderen Bandmitgliedern Verschleißerscheinungen breit. Das ständige Touren und chronische Geldsorgen rieb die Band zusehends auf, so dass 2001 auch Bassist Zip Schlitzer durch Slash Vicious ersetzt wurde. Erschwerend dazu kam noch, dass die Band aufgrund ihres Namens seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 einen zunehmend schweren Stand bei Veranstaltern und Promotionkanälen hatte, und so kam es schließlich wie es kommen musste: Im Jahr 2005 warf auch Frontmann Archi das Handtuch, was letztendlich das Ende des Kapitels TERRORGRUPPPE bedeutete.
Die DVD "Sündige Säuglinge hinter Klostermauern…zur Lust verdammt" erzählt die Geschichte der TERRORGRUPPE und lässt dabei nicht nur die ehemaligen Bandmitglieder selber zu Wort kommen, sondern auch Personen aus ihrem Umfeld sowie Musikerkollegen wie beispielsweise BELA B. oder Leute von den BEATSTEAKS und MUFF POTTER. Neben unzähligen Anekdoten dürfen natürlich auch die bereits erwähnten TV-Auftritte der Chaoten nicht fehlen, wobei die ad absurdum geführte Playback-Einlage bei Arabella Kiesbauer ein absolutes Highlight ist. Man, hatte die nen Hals… Wer allerdings denkt, die DVD sei eine reine Selbstbeweihräucherung der Band, der irrt. Vielmehr handelt es sich bei dieser Veröffentlichung um eine abschließende Betrachtung der eigenen Geschichte, in der auch die kritische Selbstreflexion nicht zu kurz kommt. Abgerundet wird das 125minütige Rundum-sorglos-Erinnerungspaket durch eine knappe weitere Stunde mit verschiedenen Live-Aufnahmen aus dem Zeitraum 1995-2004 sowie eine proppevolle Audio-CD mit raren und unveröffentlichten Aufnahmen wie Demo-Versionen, diverse EP- und Sampler-Tracks oder Outtakes aus dem scheinbar unerschöpflichen Aufnahmenfundus des erfolgreichen "Blechdose"-Livealbums. Somit ist "Sündige Säuglinge hinter Klostermauern – zur Lust verdammt" ein Vermächtnis, das dieser außergewöhnlichen Band durchaus würdig ist. Die TERRORGRUPPE ist tot, lang lebe die TERRORGRUPPE!