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SENORE MATZE ROSSI – Von Tieren, Star Wars, Solopfaden, Kindern und davon, dass die Liebe die Welt rettet

Vor dem Auftritt mit TOMMY FINKE hatte ich die Möglichkeit, den wirklich netten, offenen und allürenfrei agierenden SENORE MATZE ROSSI im Hinterzimmer des Rubinrot in Köln zu interviewen. Es entstand ein lebhaftes Gespräch, das hier zusammengefasst ist:

[F] Kennst du das „Rubinrot“ schon, und wie ist es in so einem „kleinen Laden“?
[A] Ich glaube, ich spiele hier das dritte Mal. Es ist einfach nett hier, die Leute sind prima, und es macht hier einfach Spaß. Wenn ich in Köln bin, spiele ich entweder im Underground (kleiner Saal) oder eben hier.

[F] Wieso Solotour und wie läuft sie?
[A] Naja, Solotour kann man das nicht wirklich nennen, ich spiele momentan ja immer nur Wochenendkonzerte. Und da ich in letzter Zeit viel mehr mit der Band unterwegs war, wurde das Bedürfnis nach Solokonzerten wieder wach. Ich mache beides wahnsinnig gerne, aber die Abwechslung macht den wirklichen Reiz an dem Ganzen aus.

[F] Welche Bands und Künstler haben dich beeinflusst oder beeinflussen dich aktuell?
[A] Ohje, da bin ich jetzt gar nicht drauf vorbereitet… Also, klar, da waren zunächst die Bands, die meine Eltern gehört haben, eben BEATLES, BOB DYLAN, STONES, LED ZEPPELIN und so etwas, das hat mich sicher sehr geprägt. Aber dann kam erstmal meine Punkrockzeit so mit elf oder zwölf, ÄRZTE, HOSEN, SLIME und später dann die kalifornischen Bands wie NOFX, DEAD KENNEDYS, etc. Aktuell interessieren mich THE THERMALS oder auch die neue Platte von AMANDA JENSSEN. Und wirklich sehr unterschiedliche Musikrichtungen.

[F] Ich dachte, weil ich beim Video zu „Ich hoffe, dass du findest, was du suchst“ ein DEATH CAB FOR CUTIE T-Shirt trägst…
[A] Oh, ja, gut dass du das sagst. Klar, DEATH CAB FOR CUTIE sind für mich irgendwie die BEATLES unserer Zeit. Ben Gibbard ist wohl der begnadetste Songwriter überhaupt.

[F] Eine neue EP steht an, die erste in einer Triologie. Warum dieses Konzept, warum erst alles online und später auf CD und Vinyl als Album?
[A] Triologie unter anderem deshalb, weil ich großer Star Wars-Anhänger bin. Und die ersten drei Teile immer noch die besten sind. Dass wir drei EPs rausbringen, liegt aber natürlich auch daran, dass wir alle in der Band viel zu tun haben, ich habe drei Jobs und drei Kinder, da müssen wir das zeitlich schon etwas einschränken und aufsplitten. Es ist auch ein Experiment und etwas Neues für uns und die Hörer. Näher am Entstehungsprozess für ein Album dabei zu sein, ist dann ja wirklich nur im Proberaum und das ist wahrscheinlich eher langweilig. Mit der letzten EP erscheinen die Songs aber auch auf CD und Vinyl in sehr schönem, aufwendig-üppigem Layout.

[F] Noch eine Frage zu einem Song auf der ersten EP der Trilogie: Würdest du dich wirklich immer für das Mädchen entscheiden?
[A] Also den Song – zumindest die erste Strophe – habe ich, glaube ich, vor 17 Jahren geschrieben, als ich meine damalige Freundin, meine jetzige Frau, kennengelernt habe. Auch wenn ich meine Texte nicht gerne erkläre, aber wenn man zwischen den Zeilen liest, kann man eigentlich sehen, dass ich mich zwar nicht für eine Weltretterrolle entschieden habe, aber auf eine andere Weise dazu beitrage, „die Welt“ zu retten oder zu verändern. Denn was kann es Besseres geben als die Liebe zwischen zwei Menschen, die sich dann natürlich auch wieder auf andere überträgt? Was anderes als das könnte die Welt retten? Sehr hippiemäßig, wa? Also ja, ich würde mich immer wieder so entscheiden.

[F] Du schaffst es immer wieder, mit deinen Texten bei mir den Satz hervorzurufen: „Ja, genau so ist das, genau so hab ich das auch erlebt!“ Hast du eine Idee, woher das kommt? Bist du guter Beobachter, oder beschreibst du einfach, was du selbst erlebst, fühlst und denkst?
[A] Ich höre immer wieder, dass die Leute sagen: „Damit sprichst du mir aus der Seele.“ Oder ähnliches. Woher das kommt, weiß ich nicht, ich würde auch nicht sagen, dass ich ein guter Beobachter bin, das hat so viel von Selbstbeweihräucherung. Vielleicht ist es einfach so, dass ich mich mit meinen Texten so nackig mache, dass ich damit auf der einen Seite zwar polarisiere aber auf der anderen Seite das Ganze auch ehrlich und glaubwürdig genug ist, dass sich manche Menschen darin wieder finden können. Alles, was ich singe, ist echt, ich trage auch immer ein Buch mit mir herum, in das ich alles reinschreibe, was mir begegnet und einfällt, oder was ich im Leben beobachte. Jedenfalls setze ich mich nicht hin und sage: „So, jetzt schreib ich mal nen Text, wo die Leute sagen, dass sie das auch schon mal erlebt haben.“ Das würde schon alleine für mich nicht funktionieren.

[F] Warum singst du auf Deutsch, bzw. hast du je auf Englisch gesungen und getextet?
[A] Damals mit TAGTRAUM hatten wir ein paar englische Lieder, die waren aber grottig. Ich kann mich in der deutschen Sprache am besten mitteilen und ausdrücken. Einzige Schwierigkeit dabei ist, dass deutsche Texte schnell pathetisch klingen können, bzw. dass der Pathos eher aufdringlich wirkt als zum Beispiel auf Englisch. Aber im großen und ganzen kümmere ich mich nicht um solche Sachen, und dieses Stück Unbefangenheit werde ich mir sicher auch bewahren.

[F] Was und wen möchtest du mit deiner Musik erreichen?
[A] Einfach gute Menschen. Der Begriff „Fan“ ist durch die Ableitung von Fanatismus, Bravo und ähnlichem für mich recht negativ behaftet. Für mich ist es eher ein Geben und Nehmen auf beiden Seiten. Ich schätze es sehr, dass Menschen meine Musik so intensiv hören und mit mir per Mail, Facebook und die traditionelle Weise in Kontakt treten. Jede Mail, in der mir Menschen ihre eigene Erlebnisse zu meiner Musik schildern, sind Balsam für die Seele. Mal ehrlich, was kann es für einen Musiker und Texter Schöneres geben. Da ist dann kein Kilometer zu viel, den man fährt und kein Fußboden zu hart, auf dem man nachts schläft, dafür lohnt es sich! Wo wir wieder beim Geben und Nehmen wären. Genau so gut kann ich aber auch verstehen, wenn die Leute sagen: „Damit kann ich gar nichts anfangen!“ Am Ende hat alles mit dem Moment zu tun, in dem einen die Musik erwischt. Ich habe keine klare Zielgruppe, die ich erreichen will. Dafür bin ich selbst zu verschieden. Wem es gefällt, dem soll es gefallen, wem nicht, dem nicht.

[F] Welche unterschiedlichen Erfahrungen hast du in Bezug auf Konzerte, Publikum usw. mit TAGTRAUM und jetzt solo gemacht?
[A] Für mich selber hat sich gar nicht viel verändert. Ich finde es immer noch toll, auf die Bühne zu gehen und Musik zu machen. Nach TAGTRAUM war es natürlich ein bißchen komisch, so alleine. Klar, bei TAGTRAUM war alles etwas lauter und punkiger, aber am Gefühl hat sich nichts geändert. Jetzt mit Band ist es ja auch wieder lauter. Was das Publikum angeht, sind viele von TAGTRAUM mitgegangen zu den Solosachen, aber ganz viele sind auch neu hinzu gekommen, die TAGTRAUM gar nicht kannten. Aber es gab auch einige, die mit den Solosachen nichts anfangen konnten und dann nicht mehr gekommen sind. Einen richtigen Cut und eine zentral zu benennende Veränderung gab es für mich nicht.

[F] Du bist recht aktiv auf Facebook und Myspace. Was hältst du allgemein von Social Networks?
[A] Für mich ermöglichen diese Netzwerke ein sehr direktes, schnelles Kommunizieren mit den Leuten, die meine Musik interessiert. Das Beste ist aber, dass man sehr viele Menschen sehr schnell erreichen kann, ohne große Plattenfirmen und Gedöns, einfach und direkt. Das ist sehr gut für mich. Ob ich mir allerdings ein persönliches Profil anlegen würde, weiß ich nicht genau.

[F] Denkst du noch oft an deinen Blinddarm? (Anm.: Das Konzert in Köln war ein Nachholtermin für Oktober, da Matze der Blinddarm entnommen werden musste)
[A] Nein, die Sache ist abgehakt. Der ist weg und kein Mensch braucht einen Blinddarm.

[F] Zuletzt eine persönliche Frage: Wie würdest du einen passionierten Fleischesser wie mich vom veganen Lebensstil überzeugen?
[A] Naja, zunächst mal möchte ich dich und niemand anderen missionieren. Ich lebe aber seit über 18 Jahren vegetarisch und seit einiger Zeit auch konsequent vegan und fühle mich sehr gut dabei. Es freut mich aber, wenn sich Menschen durch meine Lebensweise dafür interessieren, denn eigentlich sollte die aktuelle Situation auf der Welt jeden Menschen vom vegetarischen oder besser veganen Lebensstil überzeugen.
Ich denke, es braucht vor allem einen Bewusstseins- und Verantwortungswandel in der Gesellschaft, der einen nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen der Erde und jeglichem Leben bewirkt. Ich bin gerne selbstbestimmt und dadurch, dass ich mich vegan ernähre, erobere ich mir ein Stück Kontrolle über mein Leben zurück. Sämtliche Argumente sind hervorragend auf http://www.peta2.de/ aufgeführt, schaut doch mal rein und informiert euch!

[F] Besten Dank für das Interview!

http://senorematzerossi.de/
http://www.myspace.com/senorematzerossi
http://www.tagtraumpalast.de/
http://www.myspace.com/tagtraumpalast

Simon-Dominik Otte

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