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PLOSIVS – Yell at cloud

Wenn ein renommierter Winzer und ein verdienter Kellermeister gemeinsame Sache machen, um einen neuen Schaumwein zu kreieren, ist die Erwartungshaltung in der vinophilen Szene naturgemäß hoch. Christmann & Kaufmann mussten aufgrund der enormen Nachfrage die maximale Bestellmenge bereits begrenzen, noch bevor die erste Flasche überhaupt geöffnet wurde. Und tatsächlich schlug das Projekt ein: Nicht wenige sprechen seitdem von „Sekt auf Champagnerniveau“.
Ähnliche Konstellationen gibt es gelegentlich auch in der Musik. Eine der derzeit spannendsten hört auf den Namen PLOSIVS. Dahinter stehen John Reis (HOT SNAKES, ROCKET FROM THE CRYPT, DRIVE LIKE JEHU) und Rob Crow (PINBACK, GOBLIN COCK), die gemeinsam Musik erschaffen haben, in der sich das Beste beider Welten bündelt. Gitarrenspiel und Sound: eindeutig Swami Records. Melodie und feines Gespür im Gesang: ein freundliches Hallo an PINBACK.
Das selbstbetitelte Debüt aus dem Jahr 2022 avancierte für mich unmittelbar zum Album des Jahres – und kaum ist der Jubel verklungen, steht auch schon der Nachfolger bereit. „Yell at cloud“ knüpft nahtlos an den Erstling an, was wenig überrascht, wenn man weiß, dass das Album bereits vor der Veröffentlichung des Debüts aufgenommen wurde. Die Sessions fanden mitten im Corona-Lockdown statt, abgeschieden in der kanadischen Wildnis. Als schlechtes Wetter schließlich auch noch den Strom lahmlegte, machte die Band das Beste daraus: Kerzen an, Generatoren anwerfen, loslegen. Diese Umstände hört man der Platte an – sie klingt intensiv, konzentriert und ausgefeilt.
Schon der Opener „Death kicks in“ lässt die Kälte des Windes spürbar werden: kraftvoll und wuchtig – gebrochen durch Crows zarte Stimme. Wer ein Faible für ungewöhnliche Songstrukturen hat, wird hier sofort fündig. Ein schweres Riff trägt den Song fast allein, ohne je zu ermüden. Tonlagenverschiebungen, ein druckvolles, variables Drumming von Atom Willard (SOCIAL DISTORTION, ALKALINE TRIO, AGAINST ME!) und eine amtliche Produktion von Mike Bridavsky (THE RESIDENTS, DEERHOOF) halten alles in Bewegung. Ein Stück, bei dem man unweigerlich mit der Zunge schnalzt.
Im folgenden „Falls equivalency“ steht das PINBACKsche, melodische Gitarrenpicking im Vordergrund. Nach gut einer Minute öffnet sich der Song mit einem Refrain, der seine Schönheit noch weiter entfaltet. Auch hier überzeugt das ungewöhnliche Drumming, während der Bass von Jordan Clark (THE FRIGHTS) geschickt die offenen Räume füllt.
Wie schon beim Debüt gilt: Es schadet nicht, wenn man der Musik der Neunziger noch etwas abgewinnen kann. Immer wieder drängen sich Vergleiche zu A PERFECT CIRCLE auf – ebenfalls ein Supergroup-Nebenprojekt, das unterschiedliche musikalische Temperamente produktiv zusammenführt und im kommenden Jahr wieder auf Tour geht.
Viel mehr muss man über dieses zweite Werk eigentlich nicht sagen. „Yell at cloud“ ist prädestiniert für einen Blindkauf (kleiner Tipp: ein Blick zu flight13 lohnt sich, dort gibt es hübsches Vinyl). Der Abwechslungsreichtum lädt zum wiederholten Hören ein, und Fans der genannten Bands dürften hier kaum etwas falsch machen. Bleibt nur noch ein Wunsch: PLOSIVS dürfen diese Songs nun gerne auch einmal auf einer Europa-Tour präsentieren.

Meine Bewertung