(ob) Mehr als zehn Bands, unter 20 Euro Eintritt und strahlender Sonnenschein. Perfekte Bedingungen für ein Festival. Omas Teich geht mittlerweile dem Namen nach in die siebte Runde, entwickelte sich aber von einer kleinen Party am Teich zu einem beachtlichen regionalen Happening ohne Teich. Aber: in Ostfriesland gehen die Uhren irgendwie anders – und das ist nicht nur negativ gemeint.
Musikalische Früherziehung, für eine Region in der Großraumdiskotheken und Massenbesäufnisse auf Landjugendfeten zum Alltag gehören, ein wichtiger Aspekt für dieses Festival. Und mit ihrer Bandauswahl lagen die Veranstalter nicht verkehrt. Gerade MAD SIN, die ich eigentlich im Vorfeld als nicht so ins LineUp passend ansah, brachten das Gelände extrem zum Stauben.
Für überregionale Besucher waren das Anreisewetter und der Samstagsferienverkehr nicht so ganz das Wahre. Dementsprechend gingen die ersten beiden Bands ohne uns auf die Bühne, THE OTHER CHOICE und CHÄIRWALK. Letztere müssen wohl ganz gut gewesen sein, man erblickte doch das ein oder andere Band-Shirt.
ALICE D. aus Bielefeld durften am frühen Nachmittag in einer Wahnsinnshitze (gute Idee, ein Schattenspendezelt aufzubauen!) ran. Ihre Mischung aus den üblichen Verdächtigen in Sachen MelodicPunk (MILLENCOLIN, NO FUN AT ALL,…) wusste durchaus zu überzeugen, auch wenn eine hochfrequente Stimme immer ein wenig anstrengend wird. Nicht nur dem überwiegend jungen Publikum hat es gefallen, allgemein gab es regen Beifall. Der letzte ‚Hardcore‘-Song, in dem der Sänger wie eine heisere Variante von Sweetchuck (aus Police Academy) klingt, sollte allerdings noch mal auf seinen Platz im Programm überprüft werden. Erste Erfrischungsgetränke waren nötig, und: welch angenehme Überraschung, Bier 1 Euro, das ist mal ein Preis. Schatten!
AMPERSAND waren mir dann ein wenig zu dahinplätschernd. Ich hatte nach den doch positiven Kritiken eigentlich mehr erwartet. Vielleicht war auch einfach mehr Party angesagt, was AMPERSAND einfach nicht bieten, ihre Musik ist dazu einfach teilweise zu vertrackt. Schatten!
WHY TOKIO, Ex-SKAMINISTER zeigten, dass PunkSka noch nicht tot ist und das LESS THAN JAKE auch in Europa Konkurrenz haben. Ich habe lange keine Band mehr aus diesem Genre so genossen, vielleicht noch ab und an die SKATOONS aus Hamburg, aber ansonsten… Dem Publikum hat es auch gefallen, genau das Richtige für die sommerlichen Temperaturen, und eine perfekt eingespielte Band gabs es noch oben drauf.
Schatten! Essen! ONE MAN AND HIS DROID. Ähnlich wie MARR, die in diesem Sommer auch jedes Festival in Deutschland mitnehmen, spielen auch die quasi Local-Heroes einige Open Air-Veranstaltungen in diesem Jahr. Deswegen braucht man über die beiden auch eigentlich keine großen Worte mehr zu verlieren. Gut eingespielt, ordentlich durchgeschwitzt, einige begeistert, und ich würde sie auch noch mal sehen wollen, auch in diesem Jahr.
FACE TOMORROW, mit ihrem zweiten Festival-Auftritt an diesem Tag, waren dann die ersten, die ein paar Probleme hatten. Der Sound war irgendwie matschig und vollkommen verkackt. Schade eigentlich, da ich mich auf die Holländer sehr gefreut hatte. Zum Ende hin wurde es dann besser, und alle waren wieder glücklich.
Überraschendes dann bei MAD SIN. Die Psychobilly-Punks räumten mächtig ab. Ich hätte nie gedacht, dass die vielen jungen Leute mit den Berlinern so viel anfangen könnten. Vielleicht lag es an der Pyro-Show oder dem Leuchtbass. Oder auch einfach an der energiegeladenen Live-Show der alten Herren.
LORD BISHOP habe ich mir geschenkt, ebenso die ALTERNATIVE ALLSTARS – auf Herrn Grabke komme ich einfach nicht klar.
Für die regionalen Besucher kann man nur sagen, dass sich das Festival einfach lohnt. Wer weiter fährt, hat das Problem, dass bei jedem Ein-Tages-Festival entsteht: es ist einfach zu kurz. Die Bandauswahl und die günstigen Preise konnten dabei aber doch den ein oder anderen locken.
Achja, Thema: Proleten-T-Shirt; häufig vertreten; meine Top3 Asi-Shirts:
1.) Schade, dass man Bier nicht ficken kann
2.) Ich bin der Boss (solange meine Frau nicht da ist)
3.) Bier formte diesen Körper. (oder so ähnlich)
Warum tragen Leute so was mit sich rum?
Nächstes Jahr vielleicht noch ’nen Teich organisieren, dann wird’s eine feste Institution in meinem Kalender.
(jg) Wir schweifen zurück ins Jahr 1998: da fand am Teich von Marios Oma eine Party mit rund 50 Gästen statt, wo’s zwar nur Musik aus der Konserve gab, aber irgendwie muss auch schon diese erste Party gut gewesen sein, denn seitdem wurde sie jährlich wiederholt. Geändert hat sich dabei im Laufe der Jahre einiges: gab es im zweiten Jahr bereits die erste Live-Band, waren’s im nächsten Jahr schon fünf, im darauf folgenden Jahr traten die ersten überregionalen Bands auf, und mittlerweile sind auch Acts aus Holland und New York dabei. Mit der qualitativen Aufwertung der Musik ging eine profesionelle Organisation einher und stetig wachsende Besucherzahlen. Die bisherige Bestmarke von 2.500 Gästen konnte in diesem Jahr ohne Probleme noch getoppt werden. Aber was sollte einen auch aufhalten hinzugehen? Schließlich gab es ein abwechslungsreiches Musikprogramm, superfaire Preise und 1A-Karibik-Wetter.
Wie Olli schon schrieb, haben wir die ersten Bands leider verpasst. Als ich mein Bändchen abholte, schreckte ich jedoch plötzlich auf. „Hammer, wer ist das denn?“, waren meine ersten Gedanken. Tolle Melodien, sympathische Typen, ein trockener Bass und überhaupt: der Sänger trug ein BOHREN & DER CLUB OF GORE-Shirt!! Schnell auf den Zeitplan geschaut… Ach!! Das sind also AMPERSAND! Bisher kannte ich nur einige Songs von diversen Samplern, die mir auch schon gut gefielen, aber live waren sie für mich Premiere. Ich weiß nicht genau, woran es lag, aber je länger sie spielten, desto mehr trübte sich die anfängliche Begeisterung. Zwar war der ehemals typische bluNoise-Sound sehr angenehm, aber leider schienen die Melodien im Laufe des Sets auf der Strecke zu bleiben. Nun ja, mal nicht schlecht reden, ich schieb’s einfach auf die 1.FC Köln-Tasche, die der Sänger in der Mitte des Gigs ganz ungefragt mittig auf der Bühne platzierte. Die Sau!
WHY TOKIO?!? verbreiteten anschließend richtiges Summerfeeling. Auch wenn ich mit Ska nicht allzu viel anfangen kann, muss ich ihnen attestieren, dass sie wirklich gut waren und das Publikum gekonnt unterhielten. Nix von wegen semi-professionell! Bei Sonnenschein muss man seinen sonstigen Musikgeschmack schließlich auch mal zu den Akten legen können. Während des Gigs traf ich Olli endlich wieder und wir genehmigten uns endlich ein kühles Blondes. Herrlich, wie das die durstige Kehle herunterfloss! Und schmeckt für einen Euro natürlich gleich doppelt so gut!!
So langsam traf ich auch ein paar alte Bekannte wieder, schaute kurz auf dem Camping-Platz vorbei und war pünktlich zu ONE MAN AND HIS DROID zurück. Das Set bestand wieder aus einer gesunden Mischung vom „Party people“-Material und neuem, unveröffentlichtem Stuff. Und da ich die Jungs in der letzten Zeit bereits mehrere Male live gesehen habe, kann ich so langsam behaupten, dass die neuen Sachen wirklich gefallen. Checkt sie aus, wenn ihr sie noch nicht gesehen habt!
FACE TOMORROW hatten anschließend, wie Olli schon sagte, Probleme mit einem unsteten Sound, was mich auch ein wenig ärgerte. Auffallend war aber, dass das neue Material live wesentlich rockiger wirkt als auf dem Album, so dass die Unterschiede zu „For who you are“ nicht mehr so groß schienen wie auf der CD. Lustig anzusehen, wie sehr die Jungs auf der Bühne herumzappeln. Fast ein wenig „too much“, um authentisch rüberzukommen, aber das macht sie auch schon wieder sympathisch.
Von MAD SIN bekam ich, bis auf den mit Lichterkette und Leuchtfontäne ausgestatteten Kontrabass, leider nichts mit, da ich zu der Zeit Jelle, den Sänger von FACE TOMORROW, hinter der Bühne interviewte. Ein sehr netter und gesprächiger Typ übrigens – Interview findet Ihr demnächst hier!
Während des Aufbaus von MARR gab’s passenderweise die Musik von MARITIME – das Hotel lässt grüßen! Und endlich ging’s los. Aaaaaaaarrrhhhh!!!! Ich liebe diese Band! Und verdammt noch mal – sie gehören auf die großen Bühnen, und zwar abends und nicht nachmittags! Genauso wie heute Abend. Denn wer genau hinhört und auf die Feinheiten achtet, kommt aus der Freude über das tolle Zusammenspiels der Vier nicht mehr raus. Da werden Melodien aus dem Ärmel geschüttelt, als gäb’s sie in Massen auf dem Grabbeltisch, und hinzu kommt eine Bühnenshow, die nicht besser zu der Musik passen könnte. Die Erfahrung macht’s! Schließlich sind/waren die Jungs in unzähligen anderen Bands aus allen möglichen Bereichen verstrickt. Gekonnt bestanden haben sie im übrigen auch den Improvisations-Check ob der wackeligen Kabelkontakte.
Die ALTERNATIVE ALLSTARS habe ich, wie Olli, bewusst verpasst. Schlusslicht mit arger Verspätung war schließlich Paradiesvogel LORD BISHOP, der bereits den ganzen Tag über Eigenwerbeflyer auf dem Gelände verteilte. Und jetzt stand der schwarze 2-Meter-Mann im schillernden Outfit dort oben und vermischte politische Ansagen mit Sex & Funk & Rock & Roll. Wie das gehen soll, fragt ihr euch? In der Tat schwer vorstellbar, aber es geht. Und zwar sehr gut! Der Mann passiert JIMMY HENDRIX, schaut im nächsten Moment bei PRINCE vorbei, um am Ende DANKO JONES wie eine Teenie-Band aussehen zu lassen! Klasse! Leider konnte ich mir nur zwanzig Minuten der Show gönnen, da die Shuttle-Busse um 3 Uhr abfahrtbereit vorm Gelände warteten. Da kann man den Machern für die Zukunft nur weiter so tolles Wetter wünschen wie in diesem Jahr und drauf hoffen, dass die Auswahl der Bands wieder das bisherige Niveau erreicht. Aber ihr macht das schon, Jungs! Wir vertrauen euch!