In den letzten Jahren ist es wie verhext, oder, wie es in einem berühmten Klassiker heißt: „Same procedure as every year?“ … Ja, leider. Mittlerweile das dritte Jahr in Folge bin ich in den Weihnachtsferien krank. Mal leichter, mal schwerer, aber immer so, dass gemachten Plänen ein dicker, fetter Strich durch die Rechnung gemacht wird. Das nervt, so habe ich schon zwei tolle Konzerte und zwei Kurzurlaube sowie eine schöne Silvesterfeier verpasst. Das hat doch System, oder? Immer dann, wenn ich denke: „Hey, cool, Ferien, da liegt ja dies und das an, worauf ich mich freue!“, denkt sich irgendjemand anders (in Worten: Mein Körper): „Nö, lass‘ mal. Ich finde, du solltest im Bett liegen und krank sein. Damit du zum Ende der Ferien zumindest noch den ganzen Schulkram zu erledigen hast und nix Schönes mehr schaffst.“ Ganz wunderbar, das. Okay, nun interessieren mich weder Weihnachten noch Silvester besonders, aber hin und wieder würde ich dann doch gerne mal unter Menschen, ohne eine Gefahr für sie zu sein und einfach nur Spaß zu haben. Neuer Versuch 2026. Warum ich all das hier schreibe? Nun ja. Vielleicht denken sich auch einige unserer k&s-Kandidat:innen manchmal: „Menno, schon wieder nur k&s, same procedure as every month. Dabei bringe ich so viele schöne Dinge mit und wäre doch gern mal auch unter anderen Alben. Aber nein.“ Könnte ja sein. Und selbst, wenn nicht:
Kommt alle gut ins neue Jahr 2026. Lasst uns alle dafür sorgen, dass es ein gutes wird. Endlich mal wieder. Und eben nicht noch schlimmer oder „same procedure as last year“. Das wäre schön. Viel Spaß mit unseren kurzen und schmerzlosen Rezensionen.

ANTOINE VILLOUTREIX & SUPER ANTENA TROPICAL – Radio Liberté (Label: Sungroove, VÖ: 17.10.2025)
(ed) Radio Liberté ist ein imaginärer Radiosender, der uns mitnimmt auf eine musikalische Reise. Leichte nach Chansons klingende Musik, die perfekt dazu geeignet ist, auf dem Balkon einen Eistee zu trinken oder leicht tänzelnd die Wohnung zu putzen. Gute Laune ist quasi vorprogrammiert. Gesungen wird dabei auf französisch und deutsch. Mich erinnert das Ganze an eine Mischung aus MANU CHAO und ERLEND ØYE. Wer also seinen Winterblues musikalisch verdrängen will, hört hier rein, und schon strahlt die Sonne, und das Gemüt wird sich (hoffentlich) erhellen.
https://www.facebook.com/antoinevilloutreix/

BOBO & HERZFELD – Ich bin der Welt abhanden gekommen (Label: Traumton Records, VÖ: 24.10.2025)
(so) Na, wer erinnert sich noch an BOBO IN WHITE WOODEN HOUSES? Ja, genau daher kommt die Hälfte der Band. Herzfeld hingegen kommt aus der Theatermusik. Und beides merkt man deutlich. Hier wird Lyrik vertont – und dieses Album ist größtenteils eine Neuinterpretation bereits veröffentlichter Songs, arrangiert nur mit Klavier, Harmonium und Stimme. Für Freunde der zarteren Gangart und lyrischer Texte sicher eine Reise wert.
https://boboundherzfeld.bandcamp.com

DEATH BY HORSE – Liminal state (Label: Sunny Bastards, VÖ: 19.09.2025)
(bc) Würde man DEATH BY HORSE nicht kennen, würde man sie vermutlich irgendwo in Kalifornien verorten. Denn obwohl das Vierer-Gespann in Schweden beheimatet ist, versprüht „Liminal state“ mit seiner Mischung aus Skate-Punk, Alternative Rock und Melodic-Hardcore absolutes Westcoast-Flair. Nach einem zunächst melancholischen Einstieg treibt Frontfrau Janna die Songs mit ihrem Gesang schnell auf ein hohes Energielevel. Egal ob „Blood on my hands“ mit seinen zackigen Gitarren-Riffs, das mit Polka-Klängen versetzte „Nightcrawler“ oder das hymnische „I can feel later“ – hier jagt ein Highlight das nächste. Für mich eines der spannendsten Punkrock-Alben der letzten Monate!
https://www.deathbyhorse.com

ING FERNO – Bettminton (Label: Eigenregie, VÖ: 12.06.2025)
(ed) So einen WIZO-Style-Punk habe ich schon ewig nicht mehr gehört, wobei ich WIZO hier nicht Unrecht tun möchte, denn ING FERNO geht noch eine Stufe weiter. Das ist astreiner Schlager-Punk mit Texten, die absurder nicht sein könnten! ING FERNO selbst nennen es sogar Mallorca Punk. Doch auf dem Ballermann wird diese Mucke dennoch nie laufen. Denn das Album hat zu viel DIY-Charme, zu viel Krach und zu viel Geschrei am Start. Wer keine Angst vor Liedern wie „Pissbombe“, „Die Hau-Sauf-Gabe“ oder „Och Mossen posson“ hat und Musik nicht allzu ernst nimmt, soll in dieses Tape ruhig mal rein hören.
Ach ja, ein klein wenig hat es mich an ATOM AND HIS PACKAGE erinnert. Macht der eigentlich noch Musik?
https://lesbianrankingferno.bandcamp.com/

JUSSEL – This town (Label: Heavy Rhythm & Roll Records, VÖ: 26.09.2025)
(so) Hören wir hier den österreichischen ROBBIE WILLIAMS? Urteilt selbst! Netter Pop mit dem Hang zur großen Geste. Und mein erster Gedanke (und auch der zweite und dritte) ist eben: ROBBIE WILLIAMS. Machste nix. Alles andere als ein negativer Vergleich. Ein wirklich gelungenes Popalbum, das hier vorgelegt wird, aber eben ein Popalbum, das sehr laut nach Zuschauermassen und Stadion schreit. The show must go on. Na dann, viel Spaß!
https://jussel.art

KENNEDY ADMINISTRATION – Humanity (Label: Leopard, VÖ: 21.11.2025)
(jg) Die Mischung aus Soul, Jazz, Funk, Pop und R&B taucht ja nicht selten bei Blueprint auf – und meistens können sich unsere Autoren kaum dafür begeistern. Nur selten findet ein Album besondere Erwähnung, doch KENNEDY ADMINISTRATION hätte das Zeug dazu. Gerade zu Beginn verströmt „Humanity“ so viel 80s-Vibe, dass es die reinste Freude ist: als KYLIE MINOGUE noch überlegte, ob sie eigentlich lucky sein sollte, WHITNEY HOUSTON mit somebody dancen wollte (und noch nicht Kevin Costner anschmachtete). Leider hält der fröhliche Retro-Touch nicht auf Albumlänge durch: Mal wird es etwas TLC-souliger, der „Reject song“ erinnert eher an ein Mitsinglied auf dem Kirchentag. „Humanity“ bietet eine breite Vielfalt – ein Teil davon gefällt mir.
https://www.kennedyadministration.com/

LIKE WE ARE – Your diary (Label: Inked Owl, VÖ: 12.12.2025)
(so) So ein bisschen klingen LIKE WE ARE, als hätten BLINK-182, SUCH A SURGE und FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE gemeinsam versucht, ein Metal-Album aufzunehmen. Brennende Gitarren, wuchtige Drums, dabei aber immer mit dem Pop-Gedanken im Hintergrund (mal rockig, mal punkig, eben die beiden o.g. Bands), und spätestens beim dritten Song weiß man nicht mehr, ob man sich noch im zweiten befindet, oder bereits in den vierten gerutscht ist. Zu gleich klingen diese Gitarren, zu wenig wird sich aus dem gemütlichen Crossover-Nest gewagt. Zu eintönig, um überzeugend zu sein.
https://www.likeweare.eu

LINEAR TELEVISION – Sandy beach (Label: Eigenregie, VÖ: 21.11.25)
(so) Sie heißen lineares Fernsehen, veröffentlichen auf Tape und spielen auch recht retro gehaltenen Punkrock bis -pop, wie man ihn von amerikanischen Collegebands oder auch frühen MONTREAL o.ä. kennt. Macht Spaß, lädt zum Hüpfen ein, die Songs sind knackige zweieinhalb Minuten lang, also alles typisch Punkrock, wie man ihn erwartet. Herausstechend allerdings ist der Songtitel „Marie von Medimops“, das muss man den Münsteraner:innen lassen. Ansonsten eben eher das, was die Schublade verspricht. Alles andere als schlecht, aber auch alles andere als besonders neu und aufregend.
https://linear-television.bandcamp.com

LIZ HOGG – Goodbye world hello something (Label: Aagoo Records, VÖ: 12.11.2025)
(so) Ich weiß nicht. Manchmal klingt LIZ HOGG wie die Akustikversion der PIXIES, mal wie die verhallte Version von SUZANNE VEGA, dann wieder nach Kamin-Romantik im Winter und dann auch wieder einfach nichtssagend. Also irgendwie abwechslungsreich, aber zumeist nicht auf die gute Art, sondern eher auf die anstrengende. Das Album hat klare Höhe-, aber auch ebensolche Tiefpunkte. Nichts Halbes und nichts Ganzes, man könnte sagen: „Tschüss Welt, hallo Irgendwas!“
https://lizhogg.bandcamp.com

MARCUS DEML – Pure (Label: Triple Coil Music, VÖ: 07.11.2025)
(jg) Es ist schon verrückt – ich wollte als Teenager unbedingt E-Gitarre lernen und spiele etwa 30 Jahre später noch immer in einer Band. Man sollte also meinen, dass ich an einem Album mit instrumentaler Gitarrenmusik die reinste Freunde haben dürfte. Tatsächlich fand ich Gitarrensoli aber immer öde, und Gitarristen wie EDDIE VAN HALEN, GARY MOORE und Co haben mich im Grunde nie interessiert. Mit einer Ausnahme: GEORDIE GREEP. Denn ich bevorzuge Musik, in der neue Ideen, ungewöhnliche Harmonien oder schöne Arrangements im Vordergrund stehen. An genau diesem Punkt scheitert für mich „Pure“. MARCUS DEML ist ohne Zweifel ein hochvirtuoser Gitarrist, dessen technisches Können beeindruckt. Musikalisch aber lässt mich das Album kalt. Die Virtuosität steht zu sehr im Zentrum, ohne darüber hinaus neue Perspektiven zu eröffnen. Handwerklich makellos, ästhetisch jedoch nicht meine Baustelle.
https://marcusdeml.com/de/

MARK LETTIERI & WDR BIG BAND – At studio 4 (Label: Leopard, VÖ: 28.11.2025)
(jg) Und gleich noch ein Ausnahme-Gitarrist hinterher – diesmal in Kombination mit der renommierten WDR BIG BAND, die regelmäßig mit externen Musikern kooperiert und bei Blueprint schon mehrfach aufgetaucht ist. Bei MARK LETTIERI geht es mal funky, mal jazzig, nicht selten hochvirtuos zu. Die Big Band macht das für mich einigermaßen hörbar, doch mit artistischem Gitarrenspiel werde ich in diesem Leben wohl keinen Frieden mehr schließen. Sorry, Mark!
https://www.marklettieri.com/

SIMON OSLENDER & STEVE GADD & WILL LEE – On a roll – live (Label: Leopard, VÖ: 07.11.2025)
(jg) Das Beste an einer guten Live-Platte ist, wenn man kaum bemerkt, dass es sich um eine handelt: weil der Sound stimmt und die Musiker nahezu fehlerfrei spielen. Genau das gelingt dieser All-Star-Besetzung mühelos – was angesichts der Beteiligten kaum überrascht. Schlagzeuger STEVE GADD arbeitete unter anderem mit ERIC CLAPTON, PETER GABRIEL, PAUL MCCARTNEY und CHICK COREA, Bassist WILL LEE spielte unter anderem mit PETER ALLEN und war jahrelang Teil der David Letterman Late Show. Ergänzt wird das Line-up u.a. durch NILS LANDGREN an der Posaune und JAKOB MANZ am Altsaxophon.
Dabei geht die eigentliche Hauptfigur, der junge Hammond- und Rhodes-Spieler SIMON OSLENDER, keineswegs unter – vielmehr agieren hier alle nahezu gleichberechtigt. Das Ergebnis ist ein Doppelalbum, das Jazz, R&B, Funk, Blues, Soul und Gospel verbindet und trotz aller Virtuosität erstaunlich entspannt nebenbei funktioniert. Was ausdrücklich als Kompliment zu verstehen ist.
https://simonoslender.com/

SLADEK – Things gotta change (Label: Eigenregie, VÖ: 24.10.2025)
(jg) Diesen geschmeidigen Neo-Soul und modernen R&B mit viel Wärme, laid-back Grooves und hübschen Arrangements würde man nicht unbedingt in Österreich verorten. Umso schöner, dass SLADEK genau von dort kommen – und dabei so angenehm retro klingen, dass man sich fast wundert, warum bei „Things gotta change“ nicht automatisch das obligatorische Knistern einsetzt. Gut, mir liegt eine Promo-CD vor, Vinyl ist aber erhältlich. Die Songs leben von einer entspannten Grundstimmung und einer souligen Stimme, die irgendwo zwischen urbanem Jazzpop und Bedroom-Soul angesiedelt ist. Nach Neuzeit klingt hier gar nichts – und das ist gut so!
https://www.instagram.com/sladekmusic/

TEMPLETON PEK – Savages (Label: SBÄM, VÖ: 03.10.2025)
(so) Es reicht bei TEMPLETON PEK eigentlich, sich die Supportshows anzuschauen: NOFX, RISE AGAINST, ALKALINE TRIO, PENNYWISE oder auch LAGWAGON heißen die – und sie zeigen ziemlich genau, was uns auf „Savages“ erwartet. Es geht kraftvoll nach vorne, die Drums hämmern sich in deinen Schädel, die Gitarren zerreißen dein Nervensystem und darüber wird teils geschrien, teils gesungen. Das machen die Briten gar nicht mal schlecht, aber eben auch nicht so herausragend, dass es für eine volle Besprechung reichen würde.
https://melodicpunkrecords.bandcamp.com/album/savages

TENDER ENDER – Black swan (Label: A Tree In A Field, VÖ: 21.11.2025)
(so) Hier scheint jemand nicht so genau zu wissen, ob er nun Opernsänger, Andrew Eldritch oder doch ROBBIE WILLIAMS sein möchte, so sehr wackelt auf „Black swan“ die Stimme hin und her, während die Musik es schafft, durchaus zu gefallen. Sie bewegt sich zwischen Wave, Dreampop und Rock, irgendwo im Nirgendwo. Da ihr die Stimme keine klare Richtung gibt, findet sie diese auch nicht, bleibt unklar düster, aber eben unentschlossen. TENDER ENDER ist hier ein zu verhalltes, zu gewolltes Album aus den Händen gefallen, das irgendwie unfertig wirkt. So, als hätte ein Buch kein Lektorat gehabt.
https://tenderender.bandcamp.com/album/black-swan

THE CORPS – Watch it burn (Label: Rebellion Records, VÖ: 03.10.2025)
(ed) Aus Australien erreichte uns das neuste THE CORPS-Album, 13 Jahre nach dem Vorgänger „Know the code“. Nach so langer Zeit könnte man meinen, die Band hat an ihrem Sound gefeilt und/oder probiert mal etwas Neues aus. Nicht so THE CORPS. Die Band ist sich treu geblieben, was ihre Fans wahrscheinlich freuen wird. Es gibt wieder jede Menge klassischen Hardrock, der mal Ausflüge in in Richtung Metal, mal in Richtung Punk nimmt. Auch die Blues-Gitarre wird immer mal wieder rausgeholt. Das Ganze ist kraftvoll produziert und klingt sehr eingängig. Für mich ist das aber zu eintönig. Alle, die aber auf Bands wie ROSE TATTOO oder AC/DC stehen, sollten mal in das Album reinhören.
https://www.facebook.com/TheCorpsAustralia

TUTU PUOANE – Wrapped in rhythm Vol. II (Label: SoulFactory, VÖ: 21.11.2015)
(jg) Der erste Song schreckte mich zunächst ab: Macht TUTU PUOANE hier Musical? Doch schon gegen Ende des Stückes schimmern ihre afrikanischen Wurzeln durch. Im folgenden „Elasticity“ steuert SHARRIF SIMMONS Gast-Raps bei, während sich Puoane in ihren Texten von den Gedichten Lebo Mashiles inspirieren ließ, die die Gefühlswelt einer jungen schwarzen Südafrikanerin nach der Apartheid reflektieren. Also doch alles anspruchsvoller und abwechslungsreicher als zunächst vermutet? Leider blitzt die gefühlsselige Musical-Assoziation immer wieder auf – wozu nicht zuletzt die epische Breite des Metropole Orkest beiträgt.
https://www.tutupuoanemusic.com/

UNIPORN – Coming harder (Label: Pauli Punk Records, VÖ: 15.05.2025)
(bc) Der Bandname, der Albumtitel, das Artwork… bei UNIPORN scheint sich vieles in ein- oder auch zweideutiger Weise um Sexualität zu drehen. Ansonsten spielt die Kölner Band um die ukrainische Frontfrau Olga Love auf ihrem Debüt einen soliden Punk’n’Roll-Stiefel herunter, der stellenweise zudem einen leichten Grunge-Touch aufweist. Einige der Songs knallen zwar ganz ordentlich („Neighbour“, „Beauty oft he music“), doch auf Albumlänge betrachtet kann mich „Coming harder“ dann leider doch nicht wirklich überzeugen. Oder wie die Band es möglicherweise formulieren würde: Es mangelt hier schlicht an richtigen Höhepunkten.
https://uniporn.rocks

YVONNE MORIEL SWEETLIFE QUARTET – Sweetlife III (Label: Minor Seven Records, VÖ: 21.11.2025)
(jg) Ziemlich experimenteller Jazz, der bewusst die Grenzen auslotet und zeigt, wie man das Genre ins neue Zeitalter transportieren kann. Mal wird improvisiert, mal mit Elektro- oder Dub-Einflüssen gearbeitet, mal, wie es im Info heißt, „in Richtung akustischer Klangwelten“. Neben diverser Jazzgrößen werden auch RADIOHEAD und NIRVANAs „In utero“ als Einfluss genannt – wohl eher in der Herangehensweise als im Stil. Gute Ideen, die für meinen Geschmack noch nicht ganz ausgereift sind. Gleiches gilt auch für die Produktion.
https://yvonnemoriel.com/