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KETTCAR – 12.03.2012, Hamburg (Kampnagel)

Die Jungs von KETTCAR waren schon immer für die Umsetzung unkonventioneller Ideen zu haben. In diesem Fall überraschten sie mit einer Aktion, die vor allem die Ticket-Schwarzhändler-Fraktion alt aussehen ließ: Da alle drei Hamburg-Shows ihrer Tour zum neuen Album „Zwischen den Runden“ bereits im Vorwege ausverkauft waren und die Karten hierfür ihren überteuerten Weg in diverse Internetauktionshäuser fanden, beschloss die Band kurzerhand, am letzten Tag der Tour neben dem regulären Konzert am Abend noch eine kostenlose Zusatzshow um 14 Uhr zu spielen. Und so fanden sich am Montagmittag überwiegend diejenigen in der Kampnagelhalle ein, die für die anderen Konzerte keine Karten mehr ergattern konnten. Eine schöne Geste und ein gelungenes Beispiel dafür, wie man als Band mit der leidigen Schwarzmarkt-Problematik umgehen kann.
Vielleicht mag es ja der ungewohnten Zeitansetzung geschuldet sein, vielleicht auch der seltenen Gelegenheit, ein KETTCAR-Konzert sitzend von einer Tribüne aus zu verfolgen – auf jeden Fall war die Stimmung im Saal zunächst ein wenig reserviert, als die Show mit den Stücken „Rettung“ und „48 Stunden“ eröffnet wurde. Erst im Laufe des Sets tauten Band und Publikum zusehends auf, woran vor allem ältere Stücke wie „Balkon gegenüber“, „Kein Außen mehr“, „Money left to burn“, die als Anti-Wunderkerzen-Hymne angepriesene Ballade „Balu“ oder das zum Mitsingen animierende „Stockhausen, Bill Gates und ich“ ihren entscheidenden Anteil hatten. Neue Seelentröster-Songs wie „Schwebend“, „Kommt ein Mann in die Bar“ oder „Nach Süden“ wurden zwar ebenfalls mit einer Mischung aus Neugier und Wohlwollen aufgenommen, lösten aber noch keine großen Begeisterungsstürme aus. Dementsprechend fand das Konzert mit den Zugaben auch seinen Höhepunkt: Zunächst luden „Deiche“ und „Ich danke der Academy“ zum Tanzen ein, bevor nach dem besinnlichen „Am Tisch“ noch einmal ein Hansestadt-Themenblock in Form von „Schrilles buntes Hamburg“ und „Landungsbrücken raus“ selbst die kleine Personengruppe versöhnte, die eine halbe Stunde zuvor noch aufgrund ihrer permanenten unqualifizierten Zwischenrufe von Sänger Marcus Wiebusch verbal abgewatscht wurden. Folglich endete das Konzert für die Fans mal wieder mit kollektiver Glückseligkeit – für die Band dagegen sollte der eigentliche Tourabschluss jedoch erst einige Stunden später an gleicher Stelle stattfinden.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.