„Ich bin kein Künstler.“ Das behaupteten nicht nur Karl Lagerfeld und Werner Herzog von sich, auch Freistoß-Spezialist Juan Arango verneinte die ihm angedachte Lobhudelei. Wo sich einige Künstler gern in Understatement üben, korrigiert Friedrich Liechtenstein, besser bekannt als Edekas Werbefigur „Mr. Supergeil“: „Ich bin kein Künstler, ich bin ein Kunstwerk.“
Auf Nuél Schoch trifft die Bezeichnung „Künstler“ in jedem Falle zu. Er ist nicht nur der musikalische Kopf hinter KEJNU, er steckt auch hinter dem gestalterisch sehr wertvollen Artwork zu ihrem neuen Album „Centillion“, das perfekt zur Musik von KEJNU passt. In beiden Fällen, Kunst und Musik, wurden mehrere Farben und Schichten übereinandergelegt, scheinbar widersprüchliche Dinge miteinander kombiniert, um am Ende ein ausdrucksstarkes Gesamtwerk zu erhalten, das sich über 20 Songs und zwei CDs erstreckt. Tatsächlich ist Nuél Schoch studierter bildender Künstler und sieht sein Schaffen als gestalterische Konstrukte, Zeichnungen und Collagen. Auch wenn man in „Centillion“ durchaus einen roten Faden erkennen kann, taten wir uns bei der musikalischen Einordnung recht schwer. Mich erinnern KENJU am meisten an THOM YORKEs Solowerke oder auch an Postrock mit elektronischen Momenten, während eine gute Freundin „Modern Jazz“ heraushörte und das Infoschreiben sogar noch Einflüsse aus Ambient, Heavy Metal, Trip-Hop und Pop zu erkennen glaubt. Doch trotz aller Ausgefeiltheit und Abwechslungsreichtum erscheint mir die Gesamtspielzeit von ca. 2 x 45min etwas zu lang geraten, und ich hätte dem Album insgesamt noch mehr Punkte gegeben, wenn man es auf sehr gute Stücke wie „Amber beach“ und „Halo“ eingedampft hätte. Aber bei so vielen positiven Dingen, fällt die Kritik nur leicht ins Gewicht.