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NORMAHL – Friede den Hütten, Krieg den Palästen

Wer sich in den achtziger oder frühen neunziger Jahren in der Punkszene bewegt hat, dem muss man NORMAHL nicht mehr groß vorstellen. Immerhin gilt die bereits 1978 gegründete Band aus der Nähe von Stuttgart als eine der prägendsten Vertreter den Deutschpunk-Genres und zeichnete sich mit Alben wie „Ein Volk steht hinter uns“ oder „Harte Nächte“ für so manchen Tonträger-Klassiker verantwortlich. Leider ließen sich die bis dato überwiegend politisch geprägten NORMAHL in der Folgezeit von der aufkeimenden Fun-Punk-Welle mitreißen und verloren dadurch ein Stück weit an Relevanz, ihren Kultstatus konnten sie sich vor allem im süddeutschen Raum jedoch bis heute bewahren.
Zuletzt geriet die Band Anfang 2013 in die Schlagzeilen, nachdem die Staatsanwaltschaft stolze 31 (!) Jahre nach dessen Veröffentlichung das bereits erwähnte Album „Ein Volk steht hinter uns“ aufgrund des vermeintlich gewaltverherrlichenden Textes im Lied „Bullenschweine“ indizieren und in dem Zuge medienwirksam die Wohnungen der Bandmitglieder durchsuchen ließ. Ob das nun erscheinende Album „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ als Reaktion auf diese Justiz-Posse zu verstehen ist, sei mal dahingestellt, doch Fakt ist, dass sich die mittlerweile längst im bürgerlichen Leben angekommenen Ex-Punks auf diesem zunächst ziemlich kämpferisch zeigen und mit „Freiheit“ und „Söldner“ zwei Politpunk-Brocken rauskotzen, die zumindest textlich den Werken ihrer Anfangstage in nichts nachstehen. Doch leider war es das dann auch schon mit der auflodernden Revolte, denn sieht man einmal von einigen mehr oder weniger subtil-politischen Neuvertonungen von Stücken von GEORG KREISLER („Kapitalistenlied“) oder HANNES WADER („Es ist an der Zeit“) ab, zeigen sich NORMAHL überraschend handzahm. Vielmehr lässt Sänger Lars Besa in Stücken wie „Landjugend“ oder „Alter Junge“ die eigene Punk-Vergangenheit Revue passieren, was im Endeffekt eher nach romantischer Verklärung, als nach nachhaltiger Überzeugung von den früheren Idealen klingt. Aus musikalischer Sicht fallen die Lieder zudem mit Ausnahme des Stückes „Spass“ extrem rockig aus und laden stellenweise gar zum schunkeln ein, wenn beispielsweise wie in „Das Narrenschiff“ ein Akkordeon zum Einsatz kommt. Ob es sich bei „Friede den Hütten, Krieg den Palästen“ also letztendlich um ein unverzichtbares Statement zur Lage der Nation, oder vielmehr um einen persönlichen Nostalgiefeldzug der Bandmitglieder handelt, darüber dürften die Meinungen auseinander gehen. Dass NORMAHL grundsätzlich auf der Seite der Guten stehen, ist ungeachtet dessen auch trotz diesem eher durchwachsenen Album unstrittig.

Bernd Cramer

Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber. Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.