Häufig zu Unrecht vernachlässigt, hat der deutsche Hardcore- und Metal-Underground in den vergangenen Jahren viele Bands hervorgebracht, die auch genreübergreifend, für Aufsehen gesorgt haben. Und das zu Recht! Und es lässt nicht nach. Ein Grund dafür war sicherlich, sich nicht am starren Korsett eines Stils festzuhalten. Selbst in einem in den vergangenen Jahren überlaufenen Genre wie dem sogenannten Postcore lassen sich so noch starke Alben veröffentlichen und überraschende Akzente setzen. Genau das machen JUDAS HENGST auf ihrem Debüt „Death tapes“ – musikalisch, als auch konzeptionell. Sie sind nicht die einzigen, die ihr Album einem Konzept unterordnen, selten jedoch gelingt es so stimmig wie hier, das Zusammenspiel aus Klangerlebnis und visuellem Ansatz, angefangen bei der Homepage, über Layout des Tonträgers und endend im überzeugenden Video. Lyrisch wird über die sechs Stücke plus Intro eine Mord-und-Totschlag-Geschichte ausgebreitet. Doch es ist die Entwicklung der Band in den letzten Monaten, die weitere Schritte nach vorne gemacht hat. Wenig überraschend für Kenner der Szene, waren die Mitglieder doch bereits in etlichen Musikgruppen wie u.a. SWITCHBLADES, THE COALFIELD, THE FRANCIS BEGBIES und WOUNDED aktiv und bringen hier viele Jahre Live- und Studioerfahrung mit ein. Es ist ihnen gelungen, aus der Erfahrung Großes erwachsen zu lassen. Im Gegensatz zu frühen Aufnahmen wechseln sich die Mitglieder am Gesang mittlerweile ab, was ein ums anders Mal in mehrstimmigen Shouts gipfelt. Eine gute Entscheidung, den Gesang variabel zu halten, weil er so eine überzeugende und zwingende Einheit mit dem Klangfundament bildet. Am meisten aber überzeugt der Sound – atmosphärisch, intensiv, melancholisch, mal hart, mal schwelgend, mit wirklich geilem satten Gitarren-Klang und songdienlichen Effekten! Den heimlichen Hit der Platte als letztes Stück zu setzen, war eine weitere gute Entscheidung. Wenn auch die wenigsten Menschen bei den über sieben Minuten von „Fragments“ noch von „Hit“ sprechen würden, liegt hier der Höhepunkt der Platte. Es wird noch einmal alles vorher Gehörte verdichtet, die Intensität auf die Spitze getrieben, und als Folge wird die dunkle Atmosphäre greifbar, bevor das Ende naht. Übrigens taucht hier mal nicht der Studioname Tonmeisterei auf, wie man vermuten könnte, sondern der des Bremer Aufnahmebetriebs Harbor Inn Studios. Klar findet man auf „Death tapes“ Reminiszenzen an die großen Bands des Genres. Stören sollte man sich daran nicht, erstens gibt es schlechter Vergleichendes als die vermeintlich „großen“ Bands und zweitens überzeugt das Zusammenspiel der einzelnen Teile vollends. Stattdessen sollte man sich zurücklehnen und eintauchen in das düstere Klangerlebnis.