Im postfaktischen Zeitalter kann es schon mal passieren, dass jemand versucht, einem eine gefälschte Peel-Session unterzujubeln. So wie in diesem Fall. Denn die EASTIE RO!S haben selbstverständlich nicht die sterblichen Überreste des 2004 verstorbenen BBC-Moderators John Peel ausgebuddelt und eine fröhlichen Zombie-Aufnahmesession abgehalten, sondern sie haben die Aufnahmen zu dieser 10-Zoll-Platte verhältnismüßig unspektakulär in einem Plattenbau in Ostberlin erstellt. Allerdings klingen die sechs Lieder tatsächlich so, als würden sie aus einer anderen Zeit stammen: Innerhalb von drei Tagen ohne viel Schnickschnack auf einem alten 8-Spur-Gerät aufgenommen, verleihen sie dem ohnehin schon der Vergangenheit zugewandten Punkrock-Sound der EASTIE RO!S noch mal ein ganz besonderes Retro-Flair. So hätten sie mit einem Lied wie „Schiebung“ einst auch problemlos als DDR-Spione in der frühen Düsseldorfer Punkszene zwischen Bands wie MALE oder FEHLFARBEN infiltriert werden können, ohne dabei Gefahr zu laufen aufzufliegen. Aber wer weiß, vielleicht ist die Idee, als ostdeutsche Band im Auftrag der Stasi die Punkszene der BRD unterwandert zu haben, ja ein geeigneter postfaktischer Aufhänger für die nächste Platte.
EASTIE RO!S – The Peel Sessions
- Beitrags-Autor:Bernd Cramer
- Beitrag veröffentlicht:8. März 2020
- Beitrags-Kategorie:Tonträger
Bernd Cramer
Konzert-Junkie & Vinyl-Liebhaber.
Schreibt über Musik, ohne zu Architektur zu tanzen.