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DELBO – Havarien

„Zwischen den Orten fühlen wir uns elektrisch, mein Gott, it feels like a highway.“ Dieser Satz war einer meiner Gedanken beim Hören der ersten Töne von „Havarien“, der bereits dritten Platte des Berliner Trios DELBO. Gesungen haben ihn KANTE auf deren Debüt-Album. Fast zehn Jahre ist das her. Damals wussten KANTE noch nicht so recht, wohin sie wollten. Aber gerade das machte ihre Platte seinerzeit so spannend, das Unterwegs-Sein und Suchen, ohne zu wissen, wonach, das hoffnungsvolle Reisen, das wie schon oft geschrieben wurde, so viel schöner ist als anzukommen.
Von Orten handeln auch die Texte von Daniel Spindler, dem Sänger und Bassisten DELBOs, einer Band, die sich anschickt, mit diesem Album ihren Geheimtipp-Status ein für allemal abzulegen. Er singt von „Orten, die sich nur selbst umgeben“, von Wegen und Händen, Zahlen und Farben und von Worten. Er tut das in einer Sprache, die nie zu konkret wird, nie wirklich greifbar ist. Es werden keine Geschichten im klassischen Sinne erzählt, vielmehr birgt jeder Satz eine Vielzahl von Bildern und Assoziationen, allesamt fernab von irgendwelchen Alltagsproblemen, er jammert nicht, hebt keinen Zeigefinger und kommt überhaupt ohne jedes Klischee aus.
Wunderschön, wie es ihm gelingt, auch wenn man nicht auf die Texte achtet, was bei einer deutschsprachigen Platte erst einmal gelingen muss, seinen Worten Klang zu verleihen und sie in die Musik einzufügen. Alles ist in Bewegung, alles fließt.
In den Instrumenten findet man ein äquivalentes Gegenüber. Man findet interessante Rhythmik, geschickte Wechsel, intelligenten Songaufbau und herrliche Melodien. KARATE wurden als Orientierungshilfe genannt und sind in der Tat nicht von der Hand zu weisen. Manch einer würde das verkopft nennen, dabei aber vergessen, wie viel Herz, wie viel Gefühl sie haben. Dass sie zu Tränen rühren können, wie im zweiten Teil von „Reprise“ oder in „Peroma“, dem wohl wahrscheinlichsten Single-Kandidaten dieses Albums, falls es denn überhaupt eine Single geben wird. Und dass ihnen, auch wenn die Noise-Gitarren früherer Tage dieses Mal fast immer schweigen und der Blick sich eindeutig Richtung Pop gewendet hat, immer noch das ruhelose Drängen einer Rockband innewohnt. „Wie das Atmen wollen wir weiter“ singt Herr Spindler im siebten der leider nur acht Stücke. Und das spürt man, sie sind unterwegs, demnächst vielleicht auch in deiner Nähe, und sie sind noch lange nicht angekommen. Wir fühlen uns elektrisch.
„Havarien“ ist das Album, auf das man nach „Innen/Außen“ hoffen durfte, anspruchsvoll, spannend und fast zu schön, um wahr zu sein. „Sei bewegt“ forderten DELBO seinerzeit. Ich bin bewegt.