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DEADLETTER – 17.06.2024, Molotow (Hamburg)

Im Interview mit Blueprint offenbarte Sänger Zac, dass er auf ihre erste Headliner-Tour und ihre Fangemeinde sehr gespannt sei. Dabei waren die Voraussetzungen mehr als gut. Bereits beim Reeperbahn-Festival 2023 konnten DEADLETTER schon ein Markenzeichen setzen und sorgten in der proppevollen Sky Bar für mächtig gute Stimmung. Mittlerweile ist das Debütalbum raus, die Resonanz seitens der Presse durchweg wohlwollend. Auch auf dem für das Hamburger Publikum nicht ganz unwichtigen Sender byte.fm bekamen sie ordentlich Airplay, und selbst beim überkritischen blueprint-fanzine schafften sie es bis zum Albumtipp.
Doch am Konzerttag gestaltete sich das Rekrutieren von Freunden etwas schwierig. Dem einen war das Album nicht eingängig genug (obwohl er die EP sehr gerne mochte), der andere hatte sich am Genre Postpunk langsam etwas „totgehört“. Meinen Argumenten, dass die Briten doch sehr tanzbar und mitsingbar seien und das Saxophon ein besonderes Markenzeichen setze, stimmte er zwar zu, doch seiner Antwort, er sei an einem Montag wenig motiviert, wusste ich dann auch nicht mehr viel entgegenzusetzen.
Also machten wir uns nur zu zweit auf den Weg ins Molotow und stellten ein wenig melancholisch fest, dass dies vielleicht unser letztes Konzert am Nobistor sein dürfte. Auch wenn ich rückblickend den Kellerclub am anderen Ende der Reeperbahn noch viel mehr zu meinem zweiten Zuhause zählen würde, so muss ich sagen, dass mir das Molotow in der ehemaligen China-Lounge in den letzten Jahren doch sehr ans Herz gewachsen ist. Wegen der unterschiedlichen Floors, natürlich wegen des netten Personals, vor allem aber wegen des chilligen Backyards, wo man gerade im Sommer (aber auch sonst) gerne draußen verweilte. Vielleicht kommt ja doch noch das eine oder andere Konzert im Molotow bis zum Jahresende dazu.
Doch erstmal volle Aufmerksamkeit auf DEADLETTER, die heute und auf einigen folgenden Konzerten von LICE aus Bristol supportet wurden. Musikalisch passte das ganz gut zusammen, auch wenn LICE etwas rumpeliger rüberkamen und mehr nach Garage als Dancefloor klangen. Mit ihrer Bühnenpräsenz steckten sie trotz der lärmigen Kulisse das Publikum ordentlich an, und direkt im Anschluss an ihr Konzert stellte sich der eben noch so wilde Sänger Alastair am Merch-Tisch als ausgesprochen höflicher Zeitgenosse und ambitionierter Verkäufer heraus.
Der Großteil des Publikums wartete aber natürlich schon gespannt auf DEADLETTER, die mit „Hysterical strength“ kürzlich ihren ersten Longplayer veröffentlichten, der für mich stilistisch überraschend vielfältig ausfiel. Eröffnet wurde das Set mit dem Albumopener „Credit to treason“, ein Stück, das vor allem wegen des schrägen Saxophons auffällt. Überhaupt begann das Set mit Stücken wie „Mother“, „Bygones“ und „Degenerate inanimate“ verhältnismäßig ruhig – vielleicht brauchen die Briten zu Beginn ein paar Stücke, um sich warmzuspielen. Es dauerte allerdings nicht allzu lange, bis sich Sänger Zac seines weißen Shirts entledigte und seinen trainierten Oberkörper präsentierte. Doch Zac fiel dabei erfreulicherweise weniger durch maskulines Gepose auf als vielmehr durch wilde Tanzeinlagen, schräge Gesten und erfolgreiche Publikumsanimationen, es ihm gleichzutun. Zu „Auntie Christ“ holte er die Westerngitarre hervor, aber als zum Ende des Sets die Cowbell ausgepackt wurde, tanzte das halbe Molotow. Dazu laden Stücke wie „Relieved“, „Mere mortal“, „Binge“ und das abschließende „It flies“ aber auch geradezu ein. Eine Zugabe gab es zwar nicht, aber es gab auch nichts zu beanstanden – ihr Album hatten sie an diesem Abend komplett gespielt. Bis zum nächsten Mal in Hamburg, Jungs! Dann gerne wieder am Wochenende, damit auch die Montags-Zuhausebleiber überzeugt werden können!