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Weihnachten in Riquewihr

Das kleine Blueprint-Weihnachts-Special

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Die Zeiten der klassischen Weihnachtsalben scheinen so langsam vorbei. Während früher noch CDs mit verschneiten Kirchen aus der Alpenregion neben den Weihnachtsgeschenken lagen, auf denen optional die Wiener Sängerknaben, Heintje oder Heino altdeutsches Liedgut zum Besten gaben, Rolf Zuckowski aus der Backstube berichtete oder George Michael seinen Liebeskummer aus dem vorigen Jahr im Glühwein ertrank, sucht man vergeblich nach Tonträgern zum Mitsingen.
Woran liegt’s? Ist das behagliche Beisammensein nicht mehr angesagt? Wer mal in Riquewihr im Elsass war, wird schnell vom Gegenteil erschlagen. Wie in einem Weihnachtsmärchenland!
Und in der Tat gibt es auch heute noch so manchen musikalischen Beitrag zum Christmas. Hier eine kleine Auswahl der aktuellen Veröffentlichungen:

A CERTAIN RATIO – Christmasville UK – EP (Label: Mute Records; VÖ: 11.12.2024)
Hat mich die Band aus Manchester bisher doch immer an Bands wie GANG OF FOUR, DELTA 5 und !!! erinnert, klingen sie im Opener auf dieser „Christmasville UK“-EP doch überraschend handzahm. Also ein ganz anderer Sound zu Weihnachten? Spätestens mit dem folgenden „Where you coming from“ (und dem fast noch spannenderen Remix von JANE WEAVER) stellen sie aber sofort unter Beweis, dass bei den Briten auch Weihnachten getanzt werden soll. Gut so! Vier neue Songs plus drei Reworks – für eine EP eine gute Bilanz!
https://acertainratio.bandcamp.com/album/christmasville-uk-ep

BEN FOLDS – Sleigher (Label: New West Records, VÖ: 25.10.2024)
Das erste Weihnachtsalbum des amerikanischen Singer/Songwriters und Pianisten! Dabei wagt sich der sympathische Indiemusiker aus North Carolina hier an Klassiker der verschiedensten Genres heran, komponiert aber auch neue eigene Sachen und lud außerdem diverse Gäste für die Produktion ein. Genaugenommen ist es eher eine neuen BEN FOLDS-Platte, die thematisch gut zu Weihnachten passt. Dabei klingen manche Stücke typisch nach BEN FOLDS („Sleepwalking through christmas“, „We could have this“; letzterer Song mit einer schönen zweiten Stimme von LINDSEY CRAFT), andere sind aufwändig mit Streichern und einem Chor ausgestattet („Me and Maurice“, „The bell that couldn’t jingle“), das abschließende „You don’t have to be a Santa Claus“ (im Original von den MILLS BROTHERS aus dem Jahre 1955) würde auch gut in eine dunkle Hotel Bar passen. So bietet „Sleigher“ sowohl stilistisch als auch zeitlich einen abwechslungsreichen Überblick über die Entwicklung von Weihnachtssongs, in dem BEN FOLDS mit „Xmas aye eye“ augenzwinkernd sogar einen technoartigen Song in Zusammenarbeit mit Chat GPT entstehen ließen.
https://benfolds.bandcamp.com/album/sleigher

CHRISTMAS – Fear of romance (Label: Kidnap Music, VÖ: 06.12.2024)
Na gut, wahrscheinlich hat dies nicht so viel mit dem klassischen Weihnachtsgeschäft zu tun, aber der Vollständigkeit halber mussten wir das neue Album von CHRISTMAS hier natürlich auch mit aufnehmen, wenn es so kurz vor Heiligabend erscheint und die Angst vor Romantik thematisiert. Hardcore-Geballer aus dem Saarland mit einer ordentlichen Prise Skandinavian Rock & Roll der Marke TURBONEGRO inklusive EUROBOY-artiger Gitarrensoli. Auch für Fans von SMOKE BLOW und THE BRONX gut geeignet. Angeblich bereits die 20. Veröffentlichung in 14 Jahren. Bei einem solchen Output könnten CHRISTMAS ja glatt noch ins Ostergeschäft mit einsteigen!
https://christmas66606.bandcamp.com/album/fear-of-romance

EL PERRO DEL MAR – Ox and lamb (Label: City Slang, VÖ: 10.12.2024)
Eine Freundin fand die Musik von EL PERRO DEL MAR so depressiv, dass sie beim Reeperbahn-Festival während ihres Konzertes das Mojo verlassen musste. Insofern vielleicht ganz gut, dass die schwedische Sängerin und Musikerin Sarah Assbring anlässlich des Weihnachtsfest nur eine Single und kein ganzes Album veröffentlicht. „Ox and lamb“ klingt jedenfalls in nichts fröhlicher als ihr sonstiges Output, dafür aber wunderschön traurig. Zum Sinnieren perfekt geeignet, falls der Haussegen mit der Familie eh schon schief hängen sollte, besser nicht auflegen!
https://elperrodelmar.bandcamp.com/track/ox-and-lamb

FLEMMING BORBY – The River (VÖ: 25.12.2024)
Aus Dankbarkeit und Ehrerbietung an JONI MITCHELL hat der dänische Indiepop-Folker FLEMMING BORBY den Weihnachtssong der Kanadierin neu interpretiert und auf facebook verlinkt. Auch wenn der umtriebige Musiker gesanglich nicht ganz so hoch kommt wie die Legende aus Kanada, so ist ihm mit dem Song eine wohlig-warme Neuinterpretation gelungen.
https://www.facebook.com/flemmingborbysongexperience

JAN BIERTHER – El Gordo Jazz Christmas (Label: A1 Records, VÖ: 22.11.2024)
Wie klingt es, wenn sich ein renommierter Jazz-Gitarrist eine Weihnachtsplatte vornimmt? Nicht ganz so abwechslungsreich wie „Sleigher“ von BEN FOLDS, aber erfreulicherweise auch nicht allzu verkopft. Wie auch der US-amerikanische Musiker wagt sich JAN BIERTHER hier sowohl an Weihnachtsklassiker („Stille Nacht“, „Rudolph, the red-nosed reindeer“ – mit einem entspannten Reggae-Offbeat), als auch an eigene Stücke heran. Stilistisch passt alles sehr gut zusammen, seine Eigenkompositionen klingen tatsächlich wie Christmas-Songs, die man nich nicht kannte. Meist bewegt sich JAN BIERTHER im zart angejazzten Bereich, ohne dass seine Gitarre dabei im Mittelpunkt stehen muss. Bei „Santa Claus is comin‘ to town“ hat man sogar den Eindruck, dass in den Backing Vocals TIM NEUHAUS mitsingt. Eine Platte, die den Trubel an den Festtagen ein wenig reduziert.
http://janbierthertrio.de/

KING HANNAH – Blue Christmas (Label: City Slang, VÖ: 20.11.2024)
Kein ganzes Album, aber immerhin ein Song! Genaugenommen ein Cover von DOYE O‘ DELL aus dem Jahre 1948. Nicht ganz so angestaubt wie das Original, aber auch nicht ganz so lasziv wie ELVIS präsentieren KING HANNAH „Blue Christmas“ in einer akustisch indiefolkigen Version, die auch auf LOWs „Christmas“-LP gepasst hätte bzw. FIRST AID KIT gut zu Gesicht stünde. Passt in eine kuschelige Hütte an den Polarkreis, wo der Kamin in der Ecke knistert.
https://kinghannah.bandcamp.com/track/blue-christmas

PHILIPP MAKOLIES – Christmas time and magic signs (Label:, VÖ: )
Philipp Makolies ist ein umtriebiger Musiker. Los ging es damals mit POLARKREIS 18, gefolgt von WOODS OF BIRNAM, außerdem ist er an Shakespeare-Inszenierungen beteiligt, als Livegitarrist bei ENNO BUNGER tätig und betreibt nebenbei noch ein mit MAKK ein Eighties-Synthpop-Projekt. Neben diversen weiteren musikalischen Aktivitäten veröffentlicht er solo aber auch immer wieder reduzierte Songwriter-Folk-Sachen, wie nun auch die Single „Christmas time and magic signs“, schön kitschig am Lagerfeuer eingespielt. Die Single erscheint übrigens im Frühjahr 2025 als Teil einer neuen Solo-EP. Herzerwärmend!
https://philippmakolies.bandcamp.com/track/christmas-time-and-magic-signs

SOFIA TALVIK – AT Christmas (Label: Makaki Music, VÖ: 28.11.2024)
Schöner Indiefolk mit Americana-Einschlag aus Schweden, der mich ein wenig an MARIA SOLHEIM und STINA NORDENSTAM erinnert. Hier ein Song, in dem sie die Geschichte eines Bekannten verarbeitet, der auf einer Winterwanderung auf dem Appalachian Trail in den USA fast ums Leben gekommen wäre. Übrigens ist es Sofias Tradition, jedes Jahr einen neuen Weihnachtssong zu veröffentlichen, die 2017 in Form eines ganzen Albums zusammengefasst wurden, in das ihr hier hereinhören könnt. Im Januar hierzulande auf Tour!
https://sofiatalvik.bandcamp.com/track/at-christmas