DÄLEK – Abandoned language

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Stellen wir uns mal vor, mein Name sei R. Wilhelm, und anstatt für so ein popliges Internet-Fanzine wie dieses hier zu schreiben, würde ich meine Worte für die Zeitschrift Intro auf Papier bringen. Stellen wir uns weiter vor, jemand spielt mir im Rahmen von „Platten vor Gericht“ das neue Album „Abandoned language“ von DÄLEK vor, dann fielen mir folgende schlauen Worte ein: „Ach ja, HipHop. Die Texte kann ich auf die Schnelle nicht beurteilen, hätten aber zugunsten von auch nur einem klitzekleinen Funken Melodie ruhig „abandoned“ werden können. Die Flächen sind ganz okay. (2)“ Nun, ich habe keine Ahnung, was die tiefere Bedeutung dieser saloppen Aussage sein soll, aber dieses „Ach ja, HipHop“ suggeriert, dass es sich bei diesen Artisten um übliche, standardisierte Rapper handelt, denen man daher auch nicht die Zeit und die Chance geben sollte, verstanden zu werden. Aber dass es sich hier um Standard handelt, ist weit gefehlt, muss ich sagen, ganz weit.
DÄLEKs letzten zwei Alben sind mir bekannt und das Duo MC Dälek und Produzent Oktopus stößt auf große Sympathie bei mir. „Abscence“ und „From filthy tongue…“ waren musikalisch betrachtet Geschwister-Alben, die durch ihre Aggressivität und die langen brachialen Instrumental-Parts selbst eingefleischte Hardcore-Fans wie meinen Bruder überzeugt haben. Das neue Album hingegen braucht etwas länger, und schnell wird einem klar: DÄLEK haben sich verändert. Aber glücklicherweise haben sie keine riesigen Sprünge unternommen, wie es mir von THE COALFIELD unangenehm in Erinnerung geblieben ist, sondern sie sind ihrer Linie treu geblieben. Nach wie vor bildet ein dumpfer Beat à la SPECTRE das Rückgrat der Songs, über die sich die monotonen Vocals legen, aber Ausbrüche am Turntable fehlen. Stattdessen kommen vereinzelt Keyboard, Streicher und Jazz-Trompeten hinzu, die dem Ganzen einen Touch von JOHN ZORN geben („Starved for the truth“), was ja bei Ipecac nicht verwundert. Die Songs sind alles in allem aber ruhiger, durchstrukturierter und definitiv psychedelischer geworden. Wie MC Dälek selbst dazu sagte: „We want to embrace you with the sound and then suffocate you.“ Das tun sie, und ich muss sagen, dass auf diesem Album zwei der besten Songs zu finden sind, die sie je gemacht haben („Abandoned language“ & „Tarnished“). Eine feine Scheibe wieder einmal, die aber wirklich viel mehr Zeit benötigt, um sich in ihr zurecht zu finden. Wer DÄLEK nicht kennt, sollte vielleicht erst mit den Vorgängern anfangen, allen anderen wünsche ich nur viel Spaß. Und wahrlich, lieber schreibe ich fürs virtuelle Netz, als für die Druckerschwärze, wenn mir dafür solche Scheiben mangels Zeit durch die Lappen gehen.