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CAPTAIN PLANET – „Es ist der Glaube an die Füße, die dich tragen…“

/ (sr) …und der Eindruck, dass CAPTAIN PLANET gerade jenes alte Punk-Credo beherzigen, das zwischenzeitlich von Szeneklischees verschüttet schien. Nämlich der eigenen Urteilsfähigkeit, nicht nur den vordersten Platz einzuräumen, sondern sie auch zu gebrauchen. Also das Credo, dass es eigentlich keines gibt. Dort wo sich Kritik und Selbstreflexion abseits von Szeneklischees treffen, dort trifft man auch CAPTAIN PLANET und vielleicht ist es gerade das, was dieser Band eine Aura von besonderer Authentizität verleiht.
Bereits im Sommer 2008, nach Erscheinen des grandiosen Debütalbums „Wasser kommt, Wasser geht”, hatten wir CAPTAIN PLANET mit Fragen gelöchert (zum Interview, hier entlang: http://blueprintfanzine.de/wp/home/index.php?page=cat&Rub=1&EID=4433).
Seit Oktober ist nun das zweite Album „Inselwissen” da und die Vorzeichen verdichten sich, dass 2010 für CAPTAIN PLANET ein wichtiges Jahr werden könnte: Die Clubs werden größer, die Vinyl-Auflage des neuen Albums ist bereits vergriffen und wieder gibt es viel Lob für die neue Platte. Also, alles auf Kurs für die Kapitäne? CAPTAIN PLANET über das Größerwerden, die bevorstehende Festival-Saison, die neue Platte und ALF. Bitte sehr:

[F]Eure neue Platte „Inselwissen” ist da. Herzlichen Glückwunsch! Ich war auf der Release-Party im Molotow. Wie hat’s euch gefallen?
[A]Arne: Sehr, sehr gut. Es war der perfekte Abschluss für eine tolle Tour!

[F]Ich könnte mir vorstellen, dass sich mit zunehmendem Erfolg für euch ein alter Subkulturdiskurs ins Blickfeld drängt. Dieser wird zumeist so erzählt: Jugendzentrum, D.I.Y. und Leute mit Herzblut auf der einen Seite vs. professionelle und kommerziell ausgerichtete Veranstalter auf der anderen Seite. Ist das etwas, mit dem ihr euch nun auseinandersetzen müsst? Oder provokativ gefragt: Sieht man euch nächstes Jahr bei Rock am Ring?
[A]Arne: Also erstmal: Nein, Rock am Ring ist fünf Nummern zu groß für uns. Und ja, dieser Diskurs drängt sich spätestens dann auf, wenn, wie kürzlich in Münster geschehen, viele Leute wieder gehen müssen, weil die Location zu klein ist. Das ist bescheuert, weil wir sehr glücklich darüber sind, dass nach jahrelangem Arsch-Abtouren endlich mal ein paar mehr Menschen zu unseren Konzerten kommen wollen. Das Problem ist, dass die Konzertveranstalter, die seit Jahren mit uns Shows machen, oft keinen Zugang zu größeren Locations haben. Unser Weg ist, beides zu machen – kleine DIY-Shows und auch etwas größere Shows, wenn die Bedingungen stimmen, z.B. wie in Hamburg im Molotow.
Marco: Nüchtern betrachtet bedeuten größere Shows in unserm Fall, dass 200 – 300 Leute kommen. Das ist eigentlich noch keine Größenordnung, bei der man sich um Authentizitätsverlust und Kommerz Gedanken machen muss.

[F]In diesem Zusammenhang: Wie ich es munkeln hörte, wart ihr nicht für das Reeperbahnfestival zu haben. Stimmt das? Wenn ja, verratet ihr uns warum?
[A]Arne: Wir haben uns jahrelang geziert, da zu spielen, weil wir es vorgezogen haben, bei unserem jährlichen Auftritt in Hamburg den Club, in dem wir spielen, selbst auszusuchen, selbst Plakate zu kleben und die Höhe des Eintritts gering zu halten. Das war auch absolut die richtige Entscheidung. Nach beharrlicher Baggerei seitens der Veranstalter werden wir aber dieses Jahr dem Festival mal eine Chance geben. Ich bin gespannt, was passiert!
Marco: Es ist eindeutig ein Experiment. Festivals sind für uns Neuland und ich finde es – nach mehrjährigem Zögern – durchaus spannend auszuprobieren, was passiert.

[F]Ihr habt euch lange gegen Myspace gesträubt – von wegen Rupert Murdoch – und habt zunächst dem iLive Podcast abgesagt – von wegen Springerpresse. Inwieweit habt ihr noch Kompromisse in eurem Banddasein machen müssen?
[A]Marco: An der grundsätzlichen Skepsis gegenüber Myspace hat sich nichts geändert. Hässlich, vollgeballert mit Werbung, von dem fragwürdigen Medienkonzern dahinter ganz zu schweigen. Trotzdem zur Konzertorganisation äußerst hilfreich und als Band schwer zu ignorieren. Wir freuen uns aber weiterhin über die Kontaktaufnahme über unsere Website: http://www.captain-pla.net – es geht auch ohne Rupert! Ausschlaggebend für unsere Teilnahme an der iLive-Geschichte sind sicherlich die sympathischen Macher – zumindest rechtfertige ich für mich selbst so den Kontakt mit der bösen Springer-Presse.

[F]Ihr seid für Omas Teich gebucht. Wie viel Festivalerfahrung habt ihr? Was sind für euch die größten Unterschiede zwischen Konzerten in Jugendzentren und auf Festivals? Ist euch eines von beiden lieber?
[A]Arne: Wir haben relativ wenig Erfahrungen mit großen Festivals, ich bin auch ehrlich gesagt kein Fan von solchen Großveranstaltungen. Ich mag da von mir selbst als 24-Jähriger auf andere schließen, wenn ich sage, dass man in erster Linie zum Crazy-Sein und Alkohol-Missbrauchen da hinfährt, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass für viele die Musik nur Hintergrundgetöse ist. Ich bevorzuge den Kellerclub, lasse mich aber gerne davon überzeugen, dass das alles Bullshit ist, was ich hier erzähle. Es wird sicherlich eine interessante Erfahrung!

[F]Zur neuen Platte: Oft heißt es ja, dass die zweite Platte besonders schwer wird: Nicht das gute erste Album kopieren, etwas Neues machen, aber immer noch man selber sein, usw. Habt ihr euch bei der Entstehung mit dieser oder ähnlichen Fragen beschäftigt oder war das eher eine intuitive Herangehensweise?
[A]Arne: Ich bezweifle stark, dass es solche „Regeln für das zweite Album“ überhaupt gibt – das klingt sehr konstruiert. Solche Gedanken sollte man sich wahrscheinlich auch besser nicht machen, das erzeugt doch nur Druck, mit dem man dann im Studio erstmal umgehen können muss. Intuitiv sind wir aber auch nicht rangegangen. Das klingt so nach Jamsession, sowas können wir nicht. Es hat sich ehrlich gesagt nicht viel geändert von der Herangehensweise.

[F]Beim ersten Hören von „Inselwissen” blieb bei mir zunächst nicht soviel hängen wie noch bei dem Vorgängeralbum. Mittlerweile finde ich das Album aber sehr gut. Ich finde, die Hits auf „Inselwissen” sind nur nicht so offensichtlich und müssen sich langsamer erschließen. Könnt ihr diese Einschätzung nachvollziehen? Wie waren bisher die Reaktionen?
[A]Arne: Dieses „Mehrfach-hören-bis-sie-zündet“ habe ich schon häufig gehört, auch bezüglich „Wasser kommt, Wasser geht“. Ich finde das toll. Wenn ich in mein Plattenregal schaue, sind es genau diese Platten, die ich auch heute noch gut hören kann. Was schnell reingeht, geht leider auch meistens schnell wieder raus.

[F]Erzählt uns bitte über die Entstehung der Platte! Habt ihr etwas anders gemacht als beim Debüt?
[A]Arne: Na ja, aus (neu-)familiären Gründen sind die Aufnahmen diesmal extrem in die Länge gezogen worden. Wir hatten mehrere Studiotermine und in den Zwischenzeiten haben wir die Parts mit uns rumgetragen, hatten die Chance, noch mal über einige Dinge nachzudenken und haben so vielleicht insgesamt etwas vielschichtiger agiert als 2007. Trotzdem war alles am Ende knapp und vieles ist erst im Studio entstanden – so wie eigentlich immer, wenn wir ins Studio gehen. Zum Glück haben wir Freunde, die uns aushelfen, wenn nichts mehr geht, wie Quickhand Basti von MATULA und Goldkehlchen Deniz von HERRENMAGAZIN.

[F]Apropos: Als ich das erste Mal „Der Rückbau” hörte, dachte ich: „Oh, HERRENMAGAZIN”. Dann sah ich im Booklet, dass ihr Herrenmagazinsänger Deniz für seine musikalische Unterstützung dankt. Wie sah die aus und galt sie tatsächlich diesem Song?
[A]Arne: Nö. Deniz hat bei „Rambo” und „Blick durch den Lattenrost” die kompletten Backgrounds gesungen – das war ein sehr lustiger Abend! Basti hat übrigens Teile von „Blattsport“ eingespielt, die für mich alternden Sack einfach zu schnell waren – nur der Vollständigkeit halber und vielleicht als Erklärungsversuch, warum die Songs live so mies klingen.

[F]Was hörst du gerade viel? Irgendwas in Dauerrotation?
[A]Arne: Ich habe die JOHN K. SAMSON „Route 65“ ziemlich viel gehört in den letzten Wochen. Ansonsten sind „Den Umständen entsprechend“ von CLICKCLICKDECKER und „Beware of the maniacs“ von THE DODOS hoch im Kurs. Und was immer geht, ist „Clear plausible stories“ von PAINTED THIN. Wer die nicht im Schrank hat, ist emotional völlig verarmt zu dieser Jahreszeit.

[F]Habt ihr weitere Pläne oder Wünsche für dieses Jahr?
[A]Arne: Ich wünsche mir, dass alles erstmal so weitergeht wie jetzt und jeder damit zufrieden ist.

[F]Hier noch eine Festivalfrage: Jetzt mal ohne CAPTAIN PLANET. Hast du ein Lieblingsfestival? Und: Wen würdest du, wenn du es dir aussuchen könntest, dieses Jahr dort live sehen wollen? Es gehen auch Bands, die es nicht mehr gibt.
[A]Arne: Nein, ich habe kein Lieblingsfestival. Aber wenn, dann sollten folgende Bands dort spielen: PAINTED THIN, AT THE DRIVE-IN, RITES OF SPRING, THE GET UP KIDS von 2000, FRANK TURNER und THE LEMONHEADS von 1987.

[F]Zum Abschluss eine Spezialfrage: Du, Badda, bist doch großer Alf-Fan. Bitte Lieblingszitat und -folge!
[A]Sebastian: Das beste Alf-Zitat ist (Alf spielt Willy in einem Rollenspiel): „Ahm, ich glaube nicht an die Anarchie – sie ist einfach zu spontan für uns.“
Beste Folgen gibt es ne Menge, spontan würde ich MC Nr. 8, 11, 18B, 24A sagen!

[F]Geil! „Der Rollentausch“ ist auch einer meiner absoluten Favourites. „…Oh, seht nur, wie spät es schon wieder ist. Ich hab noch viel zu tun, ich muss meine Kleidung rauslegen für den Rest des Jahres.“
Besten Dank!

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