Es war wie eine Revolution innerhalb der Revolution: Während die SEX PISTOLS im England der späten 70er Jahre „Punk“ als Bürgerschreckbewegung salonfähig machten, THE CLASH auf anspruchsvolle Weise Musik mit politischen Inhalten verbanden und SHAM 69 den Grundpfeiler der späteren Oi!-Bewegung legten, brach eine kleine Band in Manchester mit der ungeschriebenen Regel, dass Punk zwangsläufig radikal und gegen das Establishment gerichtet sein musste – die BUZZCOCKS verbanden stattdessen Punkrock mit eingängigen Pop-Melodien und setzten in ihren Texten überwiegend auf Themen wie Liebe oder das Erwachsenwerden, ließen dabei allerdings auch den Humor nicht zu kurz kommen. Dementsprechend schieden sich an ihnen schon immer die Geister, und auch wenn ihre Platten für die Punkwelt nie wirklich essentiell waren, so haben sie doch bis heute zahlreiche Bands, vor allem aus dem Indie-Rock-Bereich, sehr stark beeinflusst.
Über 30 Jahre später sind die BUZZCOCKS immer noch unterwegs und spielen den einzigen Deutschland-Gig im Rahmen ihrer „Another bites 2009“-Tour im Hamburger Knust. Der Altersdurchschnitt im Publikum liegt deutlich über der Dreißigergrenze, und auch die beiden verbliebenen Gründungsmitglieder der Band, Pete Shelley und Steve Diggle, sind sichtlich in die Jahre gekommen. Optisch würden sie, wenn man ehrlich ist, eher auf einen Angelausflug oder in eine gemütlichen Pokerrunde passen als auf die Bühne eines Punkrock-Konzertes. Doch das scheint niemanden zu stören, sie waren schließlich schon immer eine ehrliche, ungekünstelte Band und haben sich im Gegensatz zu anderen alten Punkbands nie irgendein besonderes Image verpasst, dem sie im Alter nicht mehr gerecht werden können. Nein, an diesem Abend geht es nicht um Punk-Geprotze, sondern wirklich nur um Musik, um großartige und hymnische Songs. Und die gibt es von den BUZZCOCKS zuhauf – „Orgasm addict“, „Fast cars“, „What do I get“ und natürlich der Evergreen „Ever fallen in love“ begeistern das Publikum und lassen auch die Herrschaften auf der Bühne sichtlich aufleben. Mit tosendem Beifall endet nach fast eineinhalb Stunden ein toller Auftritt einer zeitlosen Band, die von Anfang an den Mut zum Pop bewiesen und damit im Nachhinein betrachtet alles richtig gemacht hat.