Wenn ein Presseschreiben zu einem neuen Album die Vielseitigkeit und den Fassettenreichtum einer Band lobt, hat sie leider schlechte Karten, wenn sich der Rezensent just davor in das neue NOTWIST-Album hereingehört hat. Aber dass THE NOTWIST die Messlatte für Experimentierfreude nahezu unerreichbar hoch legen, ist ja allgemein bekannt und wurde mit „Vertigo days“ noch mal unterstrichen.
Dafür können aber BOTTICELLI BABY rein gar nichts, und der Vergleich hinkt natürlich auch musikalisch. Wobei der Pressetextautor im Grunde gar nicht so verkehrt liegt: BOTTICELLI BABY bewegen sich irgendwo zwischen Jazz, Folkpunk, Rockabilly und Gipsy Music und beackern somit schon eine recht eigene Nische. Oder anders ausgedrückt bewegen sie sich durchaus zwischen verschiedenen Genres. Das Manko an dieser Platte liegt jedoch an einer anderen Stelle. Bei BOTTICELLI BABY handelt es sich eindeutig um eine Liveband, zu der die Bühnenshow quasi dazugehört. Wer die Band um Kontrabassist, Sänger, Schnauzbartträger und vor allem Frontman Marlon Bösherz , der nebenbei auch als Schauspieler und Performance-Künstler arbeitet, schon mal live sehen durfte, weiß, wovon ich spreche. Zwar ist es Wolfgang Stach gelungen, die Intensität ganz adäquat auf Tonträger festzuhalten, aber ohne den visuellen Teil, fehlt mir beim Hören doch manches. Zumal die nachdenklicheren Stücke, die auf „Saft“ für mehr Tiefgang sorgen sollen, leider zu den schwächeren Songs zählen.
Es wird einfach Zeit, dass Corona besiegt wird und Bands wie BOTTICELLI BABY wieder auf die Bühnen der Clubs und Festivals losgelassen werden – denn dort fühlen sie sich wahrscheinlich auch selbst am allerwohlsten.