Wir drehen die Zeit mal so´n bisschen zurück: Wir schreiben die Neunziger Jahre, die klassische (englische) Oi-Musik mit Bands wie COCK SPARRER, BLITZ, COCKNEY REJECTS, LAST RESORT oder BUSINESS hatte ihre eigene Schublade erhalten und somit auch ihren weltweiten Einfluss auf die Punk-Szene. Für mein Empfinden waren es dann vor allem amerikanische und schwedische Bands, die dem schleppenden und angestaubten Image neuen Glanz verliehen. RANCID, BOMBSHELL ROCKS, U.S. BOMBS, VOICE OF A GENERATION, REDUCERS S.F. und DROPKICK MURPHYS waren allgegenwärtig und wirbelten die Szene ordentlich auf. Bezeichnend für einige Bands dieser neueren Generation waren Einflüsse der englischen Bands, gepaart mit einer erhöhten Geschwindigkeit und mehr Fokus auf Melodie. Die Amis von BONECRUSHER hatten hier immer einen Ausnahmestatus, eine Art Dampfwalze, die härtere Gangart des Streetpunks. Gewalt, Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit und Armut wurden thematisiert und mit einer enormen Brachialkraft des charismatischen Sängers Raybo vorgetragen, der durch Knastaufenthalte und diverse andere Geschichten das Tough-Guy-Image mit reichlich Authentizität füllte. Insbesondere die ersten Singles auf Hostage Records und die bis heute überragenden ersten drei LPs sollten in keiner Plattensammlung fehlen. Dann, im Jahr 2001, der Ausstieg von Frontman Raybo, der für gute zehn Jahre von der Bildfläche verschwunden war, wieder in die Band zurückkehrte, um dann wieder raus zu sein. Dieses Album nun mit Michael Islas am Gesang. Es bleibt aber alles mehr oder weniger beim Alten, hymnische Streetpunk-Songs, die sich BONECRUSHER-typisch an altbewährter Manier an der Unterschicht anlehnen, man ist und bleibt halt Outlaw. Die elf Songs treiben und kicken da schon ziemlich und gehen wirklich in Richtung der ersten Alben. Für meinen Geschmack hätte das Album noch rauher produziert werden können. Nicht umsonst hat mir mein Blueprint-Kollege bei der Übergabe der CD den Vergleich mit MILLENCOLIN herangezogen. Er bezog sich da zwar mehr auf die Gitarren-Hooklines als auf die Produktion – für mich im Gesamtbild aber dann doch eher eine gut platzierte und klatschende Erziehungsschelle statt der Faust in die Fresse. Trotzdem für alle erfahrenen BONECRUSHER-Zuhörer eh ein Must-Have. OC-Punk, Working Class Punk, Oi oder eben Streetpunk, wie er auch im Jahre 2018 klingen muss.