Als ich APPARAT auf dem letztjährigen Dockville zum ersten Mal live sah, hatte ich den Eindruck, dass die Musik zwar toll klingt, wenn man sie für den Augenblick betrachtet, dass es den Songs jedoch zu sehr an Struktur fehlt. Es kam mir vor, als ob die Songs ohne jeglichen Aufbau begannen und genau so abrupt wieder endeten. Was ich als schade empfand, da mir die atmosphärische Musik (ja, meinetwegen kann man es auch fast Postrock nennen) ansonsten ziemlich gut gefiel.
Offensichtlich brauchte es bei mir bis zu dem Album „Krieg und Frieden“ und einer Tour mit dem Auto durch die Steppenebene von Arizona, bis ich verstand, dass es gar nicht unbedingt einer klassischen Gliederung bedarf. Während sich die Landschaft nur minimal veränderte, eignete sich die Musik von APPARAT hervorragend als musikalischen Untermalung. Genauso wie es wohl auch zur Inszenierung des Theaterstücks von Tolstois Roman „Krieg und Frieden“ gepasst haben mag. Da wurde Sascha Ring, dem Kopf hinter APPARAT, übrigens weder ein fertiges Drehbuch vorgelegt, noch die Möglichkeit gegeben, die Musik vorab zu fertigen. Durch die Liveumsetzung befand sich seine Musik im ständigen Fluss, bis man auf die Idee kam, das Ganze im Anschluss an die Aufführungen auch auf Tonträger festzuhalten. Und das ist wunderbar, bewegt sich das Album doch von lauter, düsterer Kammermusik bis hin zu zarten elektronischen Nummern. Zugleich liefert APPARAT den Beweis, dass es sogar ausreicht, eine Dur- Tonleiter mit fließenden Übergängen zwischen den einzelnen Tönen mit flächigen Sounds zu unterlegen, um ein Stück zu schreiben. Tolle Platte!