ANTI-FLAG haben ihren Ausflug zum Major-Label beendet und sind nun mit SideOneDummy wieder zu einer Independent-Plattenfirma zurückgekehrt. Es scheint, als suchen sie den Weg zurück zur Basis und besinnen sich auf ihrem neuen Album wieder mehr auf ihre eigenen Wurzeln. Und siehe da, gleich beim Opener „Sodom, Gomorrah, Washington D.C.“ klingen sie richtig angepisst und erinnern direkt wieder an alte „A new kind of army“-Zeiten; und auch in anderen Songs wie „You are fired (Take this job, ah, fuck it)“ oder „No war without warriors“ steckt jede Menge Wut drin. Doch das bedeutet nicht, dass ANTI-FLAG eine plötzliche 180° Grad-Wendung vollzogen haben, denn nach wie vor finden sich auf „The people or the gun“ auch wieder diverse poppige Punkrockstücke mit eingängigen Sing-A-Longs und gefälligen Gitarrenmelodien, die die Pittsburgh-Punks auch außerhalb des Szene-Ghettos so erfolgreich gemacht haben. Das sicherlich interessanteste Stück des Albums ist jedoch der Song „The gre(a)t depression“, bei dem man sich mit Tim McIllrath (RISE AGAINST), Greg Attonio (BOUNCING SOULS), Wade McNeil (ALEXISONFIRE) und David McWane (BIG D. AND THE KIDS TABLE) kurzerhand ein paar illustere Gäste ins Studio eingeladen hat und gemeinsam ein paar Textzitate von Woody Guthrie und Joe Strummer zum Besten gibt.
Auch wenn ihr liebstes Feindbild George W. Bush mittlerweile nicht mehr im Weißen Haus sitzt, sind ANTI-FLAG politisch wie eh und je. Ob sie nun die Auswirkungen der momentanen Wirtschaftskrise für die sogenannte Unterschicht thematisieren, gegen Militarismus wettern oder in „We are the one“ ihre Hörer zum Widerstand gegen das Unrecht auf dieser Welt ermutigen – aufgrund ihrer politisch offensiv nach außen getragenen Einstellung und ihren kritischen Texten gehören sie nach wie vor ganz klar zu den wichtigsten Punk-Bands der heutigen Zeit. Mit „The people or the gun“ ist ANTI-FLAG zwar nicht unbedingt das beste Album ihrer bisherigen Bandgeschichte gelungen, aber es ist immer noch eine verdammt gute Platte geworden, die das Zeug hat, die Fans ihrer ersten Veröffentlichungen ein Stück weit zu versöhnen, ohne dabei die in den letzten Jahren vollzogene musikalische Entwicklung komplett über Bord zu werfen.