Ich frage mich, warum es nicht allzu viel Geschriebenens über XIU XIU gibt, obwohl diese Band, die im Grunde nur aus Jamie Stewart besteht, eine überaus interessante und auch kontroverse Erscheinung ist. Liegt es daran, dass die Musik, die Herr Stewart in unglaublich kurzen Abständen veröffentlicht, wahrlich nur etwas für wenige ist oder daran, dass diese so schwer zu beschreiben ist? Er ist ein brillanter Songschreiber, Multiinstrumentalist, verarbeitet Fragmente des Pop ebenso wie klassische Versatzstücke und schafft daraus etwas, das mit nichts anderem zu vergleichen ist.
Es gibt kaum einen Künstler, der eine größere Nähe zu erzeugen vermag, eine Nähe, die einem manches Mal fast schon unangenehm ist. Nicht selten scheint seine Stimme vor Trauer zu zerbrechen, während sie im nächsten Moment aufbraust, brüllt, sich windet. Seine Alben sind in Musik gegossene Gefühlsausbrüche der unterschiedlichsten Färbungen, mal flüsternd, von einer akustischen Gitarre getragen, dann wieder kalt, elektronisch, nicht selten laut, übersteuert bis dahin, wo es schmerzt. Mehr noch als die Kollegen Thom Yorke oder BJÖRK schafft es Jamie Stewart, eine Einheit zu schaffen zwischen seiner Stimme und der Musik, die ihn nicht nur einfach begleitet, sondern mit ihm zusammen schluchzt oder schreit, Angst oder Zweifel hat.
Auf „The Air Force“ finden am Ende des dunklen Waldes („La Foret“), der das letztjährige Album war, nun wieder einige Lichtstrahlen ihren Weg durch die Zweige. Hat man den ruhigen Opener „Buzz saw“ hinter sich gelassen, liefert Stewart mit „Boy soprano“ einen ersten gewaltigen Hit auf diesem Album ab. Jedes Stück auf dieser Platte wäre eine Besprechung für sich wert. Ich möchte aber nur einige wenige als weitere Anspieltipps nennen, nämlich das bittersüße „Save me save me“, das turmhohe „Bishop, CA“ und das flimmernde „The fox and the rabbit“.
Wie sämtliche XIU XIU-Alben lebt auch dieses von seiner Tiefe, von der Intensität und von seiner Ästhetik, die niemals auf den ersten Blick sichtbar wird, sondern sich nicht selten hinter einigen Schichten Lärm verbirgt. Wie jedes von Stewarts Alben will auch „The Air Force“ erarbeitet werden und mag zunächst verstören, insbesondere, wenn man vorher noch nie mit ihnen in Berührung gekommen ist. Aber auch dieses ist es unbedingt wert. Jede Sekunde lang.