Eigentlich wollt ich ja die neue PROPAGANDHI reviewen. Aber als Neuling in der Blueprint-Redaktion kann man natürlich nicht gleich den anderen die rein pflanzliche Margarine vom Brot stehlen. Olli drückte mir dafür ein kleines Trostpflaster in die Hand. WESTERN ADDICTION, von wegen neues Pferd im Fat Wreck-Stall und so. Stinkesauer schmiss ich sie zunächst in die Ecke, hörte dann aber trotzdem mal rein. Und doch, diese extrem rotzige Abart von THE BEASTIE BOYS‘ „fight for your right“, die mich da am Hals packte und mir direkt ins Gesicht spuckte, geht allemal als Trostpflaster durch.
WESTERN ADDICTION sprengen die fein säuberlich nach Punkarten und Hardcore sortierten Schubladen und frönen ganz den good old days. Feinstes Hardcore-Geshoute in gemäßigterem Punkrock-Tempo, kombiniert mit minimalistischen Melodien. Wer hier nicht anfängt mit seinen Möbeln zu pogen, ist doch unausweichlich mit Kopfnicken beschäftigt. Gitarrist Jason und Bassist Chicken schreien sich mit ihren beeindruckend aggressiven Stimmen abwechselnd die Seele aus dem Leib, als ginge es darum, wem die Stimmbänder zuerst reißen.
Falls jetzt jemand an eine peinliche Poserband denkt, die auf dem Bandfoto im schäbigen Hinterhof mit Kopftuch und Celtics-Trikot die Arme über’m gestählten Body verschränkend böse drein blickt – weit gefehlt. Keine White Trash-Attitüde und Flaschen Kaputtschmeißen. Die Jungs fallen äußerlich eher unter Normalos, arbeiten alle für Fat Wreck und andere Lables, spielen nebenbei in anderen Bands und scheinen wohl auch was im Kopf zu haben, wenn ich mir die Texte so angucke. Ich verstehe sie nämlich nicht. Viel Metaphorisches, was ich auf die Schnelle nicht zu interpretieren vermag.
Durch die sehr professionelle und klare Produktion im Hause Fat, klingt das Ganze natürlich etwas weniger Old School, aber dafür, tja, fett halt.
Beeindruckend auch ihr Tourplan: In Kürze geht’s mit NOFX nach Japan, kaum wieder zu Hause folgt eine West Coast-Tour mit PROPAGANDHI.
Zurück zum Album: nach nur 21 Minuten endet es abrupt, und das ist gut so. Denn natürlich machen auch hier keine kleinen Mozarts Musik, und so fängt die Drei-Akkorde-Einfältigkeit gerade noch nicht an zu nerven. Wirkliche Hits konnte ich auf „Cognicide“ nicht ausmachen. Aber WESTERN ADDICTION wissen wegen der unglaublichen Power und dem Hang zur Melodie zu gefallen. Alles in allem ein prima Album zum laut stellen und abgehen.
Und siehe da: mit dem letzten Chor im letzten Lied bleibt auch ein kleiner Ohrwurm hängen: „I prefer the company of animals and children to adults so I won’t have to give up hope!“